Armutsaufstände, Tote und Polizeigewalt in Kenia

Polizei erschiesst sechs Menschen bei Protesten. Präsident unbeeindruckt, schreibt Ina Sembdner
Veröffentlicht: 20. Jul 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 20. Jul 2023

Nachdem Kenias Präsident William Ruto kürzlich ein Finanzgesetz verabschiedet hatte, das neue Steuern vorsieht, kommt es in dem ostafrikanischen Land regelmäßig zu Protesten und Gewalt. Viele Kenianer hatten Ruto im vergangenen Jahr gewählt, weil er versprochen hatte, die Lebenshaltungskosten zu senken – und sie sind bei anhaltend hoher Inflation und ausufernder Erwerbslosigkeit bitter enttäuscht worden.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) wiederum zeigte sich diese Woche erfreut über die Verabschiedung des Gesetzes: Es sei ein »entscheidender« Schritt zur Verringerung der kenianischen Schuldenlast. Ungeachtet der Proteste traf Ruto am Mittwoch denn auch mit der US-Handelsbeauftragen Katherine Tai zusammen, um Washington von den wirtschaftlichen Potentialen Kenias zu überzeugen, wie die US-Agentur AP berichtete.

Am selben Tag kamen nach Angaben der Organisation »Independent Medico-Legal Unit« sechs Demonstranten durch Polizeischüsse ums Leben. Insgesamt seien in diesem Jahr bei drei Demonstrationen, zu denen die Opposition aufgerufen hatte, 27 Menschen von der Polizei erschossen worden. Der kenianische Ärzteverband hatte bereits vor den Protesten am Mittwoch erklärt, dass seine Mitglieder in den vergangenen Monaten »Hunderte von verletzten Kenianern« versorgt hätten und es »Dutzende von Todesopfern« gegeben habe.

Vom Innenministerium hieß es, mehr als 300 Personen seien festgenommen worden – sie sollen unter anderem wegen Plünderungen, Zerstörung von Eigentum und Angriffen auf die Polizei angeklagt werden. Weniger gründlich geht die Behörde bei der Meldung von Todesfällen vor. So klagte der Beauftragte der Unabhängigen Polizeiaufsichtsbehörde, John Waiganjo, am Donnerstag gegenüber dem lokalen Sender NTV, dass die Organisation »keine Meldungen erhalten hat, wie wir sollten, und ich denke, es ist wichtig, darauf hinzuweisen«.

Der langjährige Oppositionsführer Raila Odinga hatte zu den Protesten an drei aufeinanderfolgenden Tagen gegen die Politik der Regierung aufgerufen. Am Mittwoch abend forderte seine Partei Azimio die Kenianer auf, »morgen in noch größerer Zahl« auf die Straße zu gehen, wie AFP meldete. Präsident Ruto peitschte dagegen der Polizei ein, »standhaft gegenüber Kriminellen, Banden, Anarchisten und allen Leuten, die Chaos verursachen wollen«, zu sein.