Interview: Wenn Staaten versinken

Der Jurist Tom Sparks vom Max-Planck Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sucht Lösungen für untergehende Staaten.
Veröffentlicht: 25. Jul 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 25. Jul 2023

Die Malediven, Kiribati, Tuvalu oder Teile der Salomonen: Wenn der Meeresspiegel weiterhin ansteigt, werden mehrere Inselstaaten binnen weniger Jahrzehnte im Meer verschwinden. Die Einwohner werden heimatlos – bisher ohne Chance auf Asyl oder Ersatzterritorium. Der Jurist Tom Sparks vom Max-Planck Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sucht Lösungen für untergehende Staaten. Auszüge eines Interview in der aktuellen Ausgabe der MPG-Zeitschrift MAX PLANCK FORSCHUNG:

«Bedroht sind Inselstaaten, deren Höhe im Durchschnitt weniger als zwei Meter über dem Meeresspiegel beträgt. Das sind derzeit Kiribati und die Marshallinseln im Pazifik, die Malediven im Indischen Ozean – und eben Tuvalu. In Mikronesien sind bereits erste Inseln verschwunden. Daneben werden auch deutsche, amerikanische oder australische Inselgebiete in wenigen Jahrzehnten vom Meer verschluckt werden».

Gibt es keine Regeln für sinkende Staaten?

Leider nein. Wir haben im Völkerrecht eine rechtliche Vermutung, dass Staaten niemals sterben. Ein Staat muss allerdings nicht zwingend dauerhaft in derselben Form existieren. Staaten können ersetzt werden, wie zum Beispiel Rhodesien durch Simbabwe auf demselben Territorium oder die UdSSR durch Russland, zumindest für einen Teil des ehemaligen Territoriums, oder die DDR nach der Wiedervereinigung mit der Bundesrepublik. Damit sind Rhodesien, die UdSSR und die DDR zwar sozusagen verschwunden, aber es gibt Nachfolgestaaten, also Völker und Regierungen auf denselben Territorien. Wenn aber Staaten aufgrund des menschengemachten Klimawandels ihr Staatsgebiet verlieren, ist das eine ganz andere Art des Verschwindens. Dafür gibt es weder einen Präzedenzfall noch eine Lösung.