Israels nächste Überraschung kommt aus dem Westjordanland

Davor warnt der bekannte israelische Journalist Gideon Levy in der Zeitung Haaretz
Veröffentlicht: 17. Nov 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 17. Nov 2023

«Die nächste Überraschung wird keine Überraschung sein. Sie mag weniger tödlich sein als die vorherige, die vom 7. Oktober, aber ihr Preis wird hoch sein», warnt Levy. 

«Zu Israels Feinden im Westjordanland gehören die Siedler, und die IDF (die israelische Armee) tut nichts, um sie zu stoppen», führt der Journalist aus. «Ihre Soldaten nehmen aktiv an Pogromen teil, misshandeln die Bewohner auf schändliche Weise, fotografieren und demütigen sie, töten und verhaften sie, zerstören Gedenkstätten, wie die für Jassir Arafat in Tulkarm, und reißen Tausende von Menschen aus ihren Betten. All das gießt Öl ins Feuer und lässt die Spannungen eskalieren.»

Er berichtet von seinem eigenen Besuch im Niemandsland in den südlichen Hebron-Hügeln: «So hat es noch nie ausgesehen. Jeder Siedler ist jetzt Mitglied eines "Sicherheitsteams". Jedes "Sicherheitsteam" ist eine bewaffnete, brutale Miliz mit der Lizenz, Viehhirten und Bauern zu misshandeln und zu vertreiben. 
Sechzehn Dörfer im Westjordanland wurden bereits aufgegeben, und die Vertreibung geht mit voller Kraft weiter.»

Dahinter stecke, so Levy weiter, dieselbe israelische Arroganz, die die Überraschung vom 7. Oktober ermöglichte. Das Leben der Palästinenser werde als wertlos betrachtet. 

«Auch nach dem 7. Oktober hat Israel nichts gelernt. Wenn die gegenwärtige Katastrophe im Süden nach Jahren der Besatzung, der Verleugnung und der Gleichgültigkeit über uns hereinbrach, so wird die nächste Katastrophe eintreten, weil Israel es versäumt hat, die Warnungen, Drohungen und den Ernst der Lage ernst zu nehmen. Das Westjordanland stöhnt vor Schmerz, und niemand in Israel hört auf seine Hilferufe. Die Siedler treiben ihr Unwesen, und niemand in Israel versucht, sie zu stoppen.  Wie viel können die Palästinenser noch ertragen? Israel wird für alles, was passiert, die Rechnung bezahlen müssen. Es wird kalt oder heiß sein, aber in jedem Fall sehr blutig.»