Vor 10 Jahren wurde attac die Gemeinnützigkeit aberkannt

Das Netzwerk agiere zu politisch, begründete das Finanzamt Frankfurt seinen Bescheid vom 14. April 2014
Veröffentlicht: 23. Apr 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 23. Apr 2024

Insbesondere der Einsatz für eine Regulierung der Finanzmärkte, eine Finanztransaktionssteuer – immerhin die Gründungsforderung von Attac – oder eine Vermögensabgabe seien nicht gemeinnützig, hieß es in dem Schreiben.

Seitdem wehrt sich Attac gegen die Aberkennung seiner Gemeinnützigkeit – juristisch und politisch. Die Auseinandersetzung erfuhr dabei von Beginn an große öffentliche Aufmerksamkeit. Denn der „Fall Attac“ hat nicht nur Bedeutung für das Netzwerk selbst, sondern beeinträchtigt auch die gesamte demokratische Zivilgesellschaft.

Dazu sagte Judith Amler vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis vor Journalist*innen:

„Der Entzug der Gemeinnützigkeit behindert das Engagement von Attac für eine global gerechte Ökonomie. Die Folgen spüren wir jetzt, nach einem Jahrzehnt, auch wirtschaftlich massiv. Attac steht finanziell unter Druck. Das ist aber nicht alles. Mit Attac ist ein Präzedenzfall geschaffen worden, der kritisches demokratisches Engagement der Zivilgesellschaft nicht nur erschwert, sondern in Teilen sogar verhindert. Gemeinnützige Vereine müssen sich seither immer fragen, ob und wie sie sich demokratisch engagieren dürfen, und halten sich im Zweifel lieber zurück, wie Studien belegen. In Zeiten sinkender Zustimmung zur Demokratie und eines erstarkenden Rechtsextremismus ist das eine fatale Entwicklung. Deswegen kämpfen wir auch nach zehn Jahren weiter dafür, dass die fatale Entscheidung gegen Attac aufgehoben wird.“

Vor drei Jahren, nach Ausschöpfung des Rechtswegs, hat Attac Verfassungsbeschwerde eingelegt. Wann der Fall in Karlsruhe verhandelt wird, ist offen. In der Klageschrift betont Attac, welch wichtige Rolle das Grundgesetz zivilgesellschaftlichen Organisationen neben politischen Parteien im Prozess der Willensbildung gibt. Dazu sagte Professor Andreas Fisahn, der Attac vor dem Bundesverfassungsgericht vertritt, heute:

„Angesichts der großen Bedeutung der Vereinigungsfreiheit in einer pluralistischen Demokratie kann man das Gemeinnützigkeitsrecht – also die Abgabenordnung – verfassungskonform kaum so auslegen, dass die Absicht, auf die politische Meinungsbildung des Volkes Einfluss zu nehmen, ein expliziter Grund ist, eine Gemeinnützigkeit auszuschließen. Dies hat der Bundesfinanzhof in seinem viel diskutierten Attac-Urteil von 2019 verkannt – zum Schaden nicht nur von Attac, sondern von allen demokratisch engagierten Vereinen.“