Steht Europa vor einem Atomkrieg?

«Die NATO ist hirntot», sagte Emmanuel Macron vor nicht allzu langer Zeit. Dieser Satz trifft ins Schwarze, wenn man das Handeln des Westens bewertet, meint Oskar Lafontaine. 
Veröffentlicht: 12. Jun 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 12. Jun 2024

Bereits in den 1970er Jahren zeigte die USA bei einer NATO-Übung, wie wenig sie sich im Grunde für Deutschlands Wohl interessieren. Die US-Vertreter entschieden nämlich im Laufe der Übung, kleinere nukleare Sprengsätze über Deutschland abzuwerfen, um einen Sicherheitsgürtel gegen den weiteren russischen Vormarsch zu schaffen. Deutschland wurde gar nicht gefragt.

Dieses Vorgehen blieb übrigens kein Einzelfall. Kanzler Helmut Schmidt wusste damals schon von «dem Dilemma der Deutschen in der NATO». In seinem Buch «Verteidigung oder Vergeltung» schrieb Schmidt 1961:

«Wir können nicht ein für allemal davon ausgehen, dass alle verteidigungspolitischen Konzeptionen, die in den USA entstehen können, auch unseren Interessen entsprechen. […] Wir haben kein Interesse an einer Verteidigungsstruktur des Westens, die darauf abgestellt wäre, das zerstörte Gebiet Deutschlands durch eine letzte Schlacht wieder befreit zu sehen. […] Wir haben schließlich auch kein Interesse an einer Verteidigungsstruktur des Westens, die von der sowjetischen Führung als Provokation angesehen werden könnte.»

Lafontaine bedauert in der aktuellen Situation: Es ist für Deutschland eine beängstigende Perspektive, dass mit Friedrich Merz ein Politiker an die Macht kommen könnte, der ebenso wie die Ampelregierung das eherne Grundgesetz des Atomzeitalters nicht kennt: Sicherheit ist nicht mehr gegeneinander, sondern nur noch gemeinsam erreichbar. Wer Frieden will, ist zur Diplomatie verpflichtet. 


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