Herz-Chirurgie des Unispitals Zürich wurde zur Todesfalle 

Erste Reaktion der Verantwortlichen und Beteiligten: Wegschauen
Veröffentlicht: 5. Jul 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 5. Jul 2024

24 Experten vom Unispital (USZ), von der Universität und von der Gesundheitsdirektion schildern in einem Bericht, dass das Leben vieler Patienten und deren Angehöriger an der Herzchirurgie des Unispital Zürichs zerstört wurde: 150 unnötige Tote und unzählige Geschädigte. Der Bericht deckt erstmals mit harten Zahlen auf, wie stark die Sterberate unter Herzchirurgie-Chef Francesco Maisano von 2016 bis 2020 hochgeschossen war und wie sein Nachfolger Paul Vogt diese danach ins Lot brachte. In der Bypass-Chirurgie beispielsweise «lag die Sterberate in der Herzchirurgie des USZ 10 bis 15 Mal höher als in vergleichbaren Kliniken in der Schweiz oder in Deutschland», steht im Bericht. Und außerdem: «Nach dem Weggang des Klinikdirektors M. betrug die Mortalität der elektiven Bypass-Operation zwischen dem 1. September 2020 und Ende 2021, respektive Ende (sic!) 31. Mai 2022 0 Prozent (bei teilweise schwierigem Hospitalisations-Verlauf).» In vielen weiteren Operations- und Einsatzarten sieht das Bild ähnlich aus. 

INFOsperber hierzu:

«Maisano wurde Mitte 2020 abgesetzt und verliess danach das USZ Richtung Mailand, von wo er 2013 nach Zürich gekommen war. Im Abschiedscommuniqué lobte das USZ den Italiener in den höchsten Tönen.» 

Laut Bericht hätte er hingegen nie zum Leiter der Herzchirurgie gekürt werden dürfen, denn er war ein Arzt ohne Dissertation und ohne Habilitation und erhielt trotzdem eine ordentliche Professur (Lehrstuhl für das Fachgebiet) mit Fakultätssitz. Die Universität Zürich, die Maisano zum Professor ernannt  hatte, gerät damit ebenfalls in den Verdacht, einen schrecklichen Fehler begangen zu haben. Sie hat sich offensichtlich von Maisanos Publikationsliste, die im Bericht ebenfalls in Frage gestellt wird, blenden lassen. Mittlerweile schrieb auch die «Welt am Sonntag» über die furchtbaren Zustände in der Herzchirurgie am USZ. Dort steht auch, dass Maisanos bevorzugte Operationsmethode mit dem Cardioband nicht erfolgreich war: «Als akzeptabel erwies sich das Implantat überhaupt nur bei zehn Prozent der Patienten.»

Neben fehlendem Datum ist auch nicht klar, wer den brisanten Experten-Bericht zugestellt erhielt. Adressat ist die «Subkommission der Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit» des Zürcher Kantonsrats. Diese bestand zum wahrscheinlichen Zeitpunkt des Berichts, irgendwann in der zweiten Hälfte 2022, nicht mehr. Somit müsste er an die «Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit» gegangen sein. Die zwei zuständigen Politikerinnen dort, die ehemalige und die aktuelle Präsidentin, blieben stumm. Die Justiz verschloss die Augen. Was aus diesem Bericht wurde, wer ihn erhalten hatte und was dann unternommen wurde oder nicht, das soll jetzt rasch aufgedeckt werden. Hinter den Kulissen laufen entsprechende politische Vorstösse. «Der menschliche, berufsethische, professionelle, finanzielle, forschungs-, ausbildungs- und imagemässige Schaden dürfte für schweizerische Verhältnisse einmalig sein», schreiben die Autoren des Berichts als Fazit.


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