Baden-Württemberg: Unter Klimadeckmantel Autofahren weiter verteuern

«Mobilitätspass» für Innenstädte und Handel kontraproduktiv
Veröffentlicht: 6. Aug 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 6. Aug 2024

Das Auto, das Baden-Württemberg durch Mercedes und Porsche beliebt und bekannt gemacht hat, wird im Ländle selbst regelrecht bekämpft. Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg legt dabei einen geradezu missionarischen Eifer an den Tag, schreibt Daniel Weinmann auf reitschuster.de. Bis 2030 soll nicht nur jedes zweite Auto klimaneutral fahren und ein Fünftel weniger Fahrzeuge in Stadt und Land unterwegs sein. Zugleich soll sich der öffentliche Verkehr verdoppeln. Zur Finanzierung dieses Mammutprojekts hat das Kabinett Kretschmann nach monatelangen Verhandlungen kürzlich ein neues Gesetz, das sogenannte «Mobilitätsgesetz», auf den Weg gebracht. Im Herbst soll es im Ministerrat behandelt und anschließend in den Landtag eingebracht werden. «Damit setzen wir einen weiteren Baustein aus dem Koalitionsvertrag um, der uns beim Klimaschutz voranbringt», frohlockte der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann. 

«Radkoordinatoren» sollen künftig in allen Stadt- und Landkreisen für durchgängige und sichere Radnetze sorgen. Scan-Fahrzeuge sollen Parkbereiche kontrollieren und Falschparker erfassen. Die bösen, weil CO₂-produzierenden Autofahrer sollen eine «Mobilitätsabgabe» zahlen und erhalten dafür eine Gutschrift für die örtliche Nutzung des ÖPNV. Die Abgabe kann je nach Stadt oder Landkreis zwischen zehn und 15 Euro pro Monat betragen. Das letzte Wort zur Zwangsabgabe haben die Kommunen.
Gäbe es ein ausreichendes Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs, insbesondere im ländlichen Raum, könnten Kretschmann und Co. die geplante Zwangsabgabe wenigstens ansatzweise rechtfertigen. Laut dem Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) ist der gewünschte Umstieg vom Auto auf den ÖPNV vielerorts wegen des mangelnden Angebots in absehbarer Zeit nicht praktikabel. «Das Vorhaben kommt einer Operation am offenen Herzen des Handels und unserer Innenstädte gleich», kommentiert HBW-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann, des Handelsverbands Baden-Württemberg bei der Vorstellung der Pläne Ende Dezember vergangenen Jahres.

Auch der ADAC kann der Zwangsabgabe wenig abgewinnen. «Wir lehnen eine Nahverkehrsabgabe in Form eines Mobilitätspasses entschieden ab», kritisiert Clemens Bieniger, Vorsitzender des ADAC Südbaden. Schon jetzt finanzierten die Bürger den öffentlichen Personennahverkehr durch hohe Steuerbeträge. Eine zusätzliche Abgabe hält er für «unverhältnismäßig». Sein Vorstandskollege für Verkehr, Technik und Umwelt, Reinhold Malassa, prognostiziert: «Wir schaffen mit dem Mobilitätspass ein neues Bürokratiemonster.»


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