Weniger Wohlstand in der Schweiz 

Pro Kopf durchschnittlich weniger Geld zum Ausgeben 
Veröffentlicht: 26. Aug 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 26. Aug 2024

Wachstumsprediger – dazu zählen auch internationale Organisationen wie die OECD oder nationale Behörden – greifen zu zwei einfachen Tricks, um das Wachstum des BIP in einem positiveren Licht erscheinen zu lassen, schreibt Urs P. Gasche auf INFOsperber. Bei dieser Augenwischerei machen die meisten Medien auch heute noch mit.

1. Fast immer wird das Wachstum des BIP pro Land angegeben und nicht pro Kopf der im Land lebenden Bevölkerung. Was soll eine Bevölkerung davon haben, wenn das BIP um fünf Prozent gewachsen ist, wenn gleichzeitig auch fünf Prozent mehr Menschen im Land leben? Pro Kopf ist das Geldeinkommen um keinen Rappen gestiegen. Ein solches Wachstum ist untauglich, um etwa künftige Renten finanzieren oder die Umwelt besser schützen zu können. Die Bevölkerung leidet lediglich an einem etwas grösseren Dichtestress, an gestiegenen Mieten, Land- und Bodenpreisen.

2. Häufig wird das erzielte Wachstum des BIP nominal und nicht real, nach Abzug der Inflation, angegeben. Was soll eine Bevölkerung davon haben, wenn das BIP um drei Prozent gewachsen ist, wenn sich gleichzeitig auch die Preise um drei Prozent erhöhten? 

Besonders in der Schweiz mit ihrer hohen Netto-Zuwanderung zeigten die nationalen BIP-Zahlen schon immer ein stark verzerrtes Bild. Bereits früher hatte man der Bevölkerung vorgegaukelt, das BIP und damit der Wohlstand habe beispielsweise von 1990 bis 2009 um real 26 Prozent zugenommen. Doch dieses Wachstum kam zustande, weil die Einwohnerzahl in der gleichen Zeit um 15 Prozent zunahm. Pro Kopf nahm das BIP in diesen 20 Jahren um weniger als zehn Prozent zu. Ein Wirtschaftswachstum oder ein ‹Konjunkturaufschwung›, der auf dem Bevölkerungswachstum beruht, bringt dem einzelnen Bürger keine materiellen Vorteile. Der Kuchen wird einfach auf mehr Köpfe verteilt. Die Bevölkerung bekommt nur die Nachteile zu spüren. Vor 70 Jahren teilten sich noch 4,7 Millionen Menschen das begrenzte Land. Vor zehn Jahren lebten bereits 7,8 Millionen Menschen in der Schweiz. Die Zahl der Einwohner erreicht bereits dieses Jahr neun Millionen, bis zum Jahr 2050 werden heute 10,5 Millionen prognostiziert.

Höchstwahrscheinlich werden Behörden und Wachstumsprediger weiter versuchen, mit Wachstumszahlen den Erfolg ihrer Politik zu dokumentieren und für gute Stimmung zu sorgen – oft mit nominalen Zahlen (ohne Berücksichtigung der Inflation) und stets unter Verschweigen des realen Wachstums pro Kopf.


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