Das Häuschen für das einfache Leben

Der Traum von einer Wohnbox entstand in der Kindheit. Einen Eisenbahnwagen wie Dr. Uthofft aus dem fliegenden Klassenzimmer von Erich Kästner wollte ich auch einmal haben. Aber wie viele Träume, brauchte auch dieser seine Zeit und eine gehörige Portion Mut und Hartnäckigkeit.
Als Fotografin spezialisierte ich mich auf Architektur. Von da gelangte ich über eine Ausbildung zur Baubiologin zum Selbstbau. In einem Gebiet, wo die Fachleute rar sind, muss man die Dinge selber machen. Während der Ausbildung lernte ich den deutschen Architekten Heiko Anken kennen, der dieselbe Passion mit mir teilte. Ein Dreiviertel Jahr lang brüteten, tüftelten und planten wir. Eine mobile, autarke Ökowohnbox sollte es werden mit allem, was ein Mensch zum Leben braucht. Zudem wollten wir zeigen, was mit Baubiologie alles möglich ist und wie sich der Unterschied zur herkömmlichen Bauweise anfühlt.
Im Sommer 2012, als die Pläne fertig waren, hatte ich auch ein Grundstück gefunden: Neben der Schule in Nänikon, wo auch meine Familie wohnt, stellte mir die Gemeinde ein Stück Land zur Verfügung, das für eine spätere Erweiterung reserviert wurde. Das Baurecht erhielt ich zwar nur für drei Jahre, und auch die Erschliessung musste ich selber bezahlen, obwohl ich doch das wenige Abwasser mit Pflanzen selber klären wollte. Dann zeigte sich das grösste Hindernis: das Geld, das ich nicht hatte. Eine mobile Ökowohnbox gilt als Fahrnisbaute, für die keine Bank eine Hypothek gewährt. Keine Chance! Ich musste die Kosten von über 100’000 Franken also selber aufbringen. Ich entwickelte ein Sponsoring-Konzept, das es den Firmen ermöglichte, Produkte zu liefern und über meine Website und die zu erwartenden Besucher eine Werbewirkung zu erzielen. Als sich endlich die erste Firma auf das Vorhaben einliess, war der Bann gebrochen und weitere folgten ohne grossen Überzeugungsaufwand. Das meiste Geld erhielt ich als Kredit von Familie und Freunden, die an meine Idee glaubten. So konnten wir uns endlich an die Arbeit machen.
Gebaut haben Heiko und ich die Ökowohnbox in einer Zimmerei in Deutschland. Mit Ausnahme der technischen Einrichtungen haben wir alles selber gemacht: die Wände in Ständerbau, die Böden, den Lehmverputz, die ausgeklügelten, platzsparenden Einrichtungen. Dann wurde die Box 700 km in die Schweiz transportiert, und alles klappte bestens. Nicht einmal einen kleinen Riss in den Lehmwänden mussten wir reparieren. Im Frühling 2013 stand die Box und wurde feierlich eröffnet.

Das Interesse ist enorm. Viele Menschen sehnen sich nach einer einfachen Lebensweise mit weniger Raum und weniger Material. Gleichzeitig wollen sie – mit Recht! – nicht auf eine gewisse Modernität und Ästhetik verzichten. Ich bin sogar überzeugt: Das einfache Leben auf wenig Raum und eine ästhetisches Ambiente sind Zwillinge. Die beiden brauchen einander.
Die grosse Nachfrage hat die Ökowohnbox, die ursprünglich nur als Demonstrationsobjekt gedacht war, nun zu einem Produkt gemacht, mit dem ich in Zukunft meinen Lebensunterhalt bestreiten möchte.
Nur: Die baurechtlichen Bestimmungen und die Vorstellungen der Baubehörden sind ein grosses Hindernis. «Wir wollen keinen Wohnwagenpark», «passt nicht ins Ortsbild» oder schlicht «hässlich» sind die typischen Reaktionen der Baubehörden auf eine Anfrage. Dabei nehmen sie sich nicht einmal die Mühe, sich das Ganze einmal anzusehen. Ein solches Projekt auf allen Ebenen durchzuboxen, braucht sehr viel Energie. Im Moment weiss ich nicht, ob ich die habe. Theoretisch ist es einfach, aber praktisch sehr anstrengend, bloss weil es nicht der Norm entspricht. Deshalb bilden wir jetzt zusammen mit ein paar Gleichgesinnten ein Gruppe. Alle reden von der 2000-Watt-Gesellschaft und vom einfacheren Leben. Da muss es doch möglich sein, dies zu realisieren, zumal so viele Menschen bereit sind, sich konkret darauf einzulassen.
Natürlich suche ich auch Grundstücke, auf denen man ein paar dieser Ökowohnboxen für zehn Jahre aufstellen kann. Vielleicht hat ein Leser oder eine Leserin eine Möglichkeit…           

Aufgezeichnet von Christoph Pfluger

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Weitere Infos zur Ökowohnbox von Tanja Schindler finden sich auf der Website www.ökowohnbox.ch

Der nächste Besichtigungstermin ist am Sonntag 14. September, 10.00 - 12.00 und 14.00h-17.00 Uhr.
24. August 2014
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