Bündnis Sahra Wagenknecht: starker Start, aber ungünstiger Name
Keine andere Parteigründung hat in Deutschland mehr Aufsehen erregt als jene der Bewegung Sahra Wagenknecht (BSW).
Deutschlandweit käme sie auf 14 Prozent, wenn jetzt Bundestagswahlen wären. Noch besser steht sie in Thüringen da, wo diesem Herbst gewählt wird. Mit 17 Prozent würde sie hinter der AfD (31 Prozent) auf Anhieb stärkste Kraft.
Für die Bild-Zeitung macht Sahra Wagenknecht den Osten damit «unregierbar». Die Botschaft: Nicht nur mit der AfD, auch mit der BSW ist eine Koalition ein politisches No-Go. Wenn die Haltung der Bild-Zeitung von den bestehenden Parteien übernommen wird und sie eine Koalition mit der Partei Wagenknechts ausschliessen, dann wären knapp 50 Prozent der Wähler ohne politische Mitsprache in der Regierung – ein gigantisches Demokratie-Problem.
Der Zustrom von Wählern von anderen Parteien zur BSW ist beachtlich. 52 Prozent der Linken würden bei den kommenden Bundestagswahlen Wagenknecht wählen. Das verwundert nicht. Geradezu spektakulär ist jedoch das Wahlverhalten der heutigen AfD-Wähler: 36 Prozent könnten 2025 zum BSW wechseln. Die ohnehin arg gebeutelte SPD verlöre 15, die CDU 10 Prozent.
Was mich nachdenklich stimmt, ist die Fokussierung des Bündnisses auf ihre Galionsfigur. Das ist ein erhebliches Risiko für die längerfristige Entwicklung. Sahra Wagenknecht könnte medial abgeschossen werden oder tatsächlich unters Tram kommen. Was dann? Zudem ist der Name kein gutes Signal für die demokratische Willensbildung innerhalb ihres Bündnisses.
Trotzdem ist ihrer Partei viel Erfolg zu wünschen. Ihr Programm macht Sinn. Sahra Wagenknecht könnte durchaus Kanzlerin werden. Ein Wandel liegt in der Luft. Ob Klima, Energie, Migration, Sozialpolitik – überall stösst die Ampel an absolute Grenzen. Es ist, als würden Rot, Grün und Gelb der Ampel gleichzeitig blinken. Niemand weiss, in welche Richtung es gehen soll.
Wir könnten jetzt noch über die Versuche sprechen, die AfD zu verbieten, anstatt sich ihr im politischen Wettbewerb zu stellen. Aber vielleicht wird Sahra Wagenknecht das AfD-Problem ja ganz von alleine lösen.
von:
Über
Christoph Pfluger
Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".
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