Chapeau! – für die Wochenzeitung
Drei Journalisten der Wochenzeitung WoZ haben für ihre Recherchen zum Thema Kriegsmaterial-Exporte den Prix Transparence 2020 erhalten. Ihr «Rüstungs-Report» zeigt, welche Schweizer Konzerne inwiefern am Geschäft mit dem Krieg verdienen.
Dass sich die Schweiz damit brüstet, ein neutraler Staat zu sein – was sie unter anderem zur Nichtteilnahme an Kriegen verpflichtet –, ist mehr als fragwürdig, wenn man bedenkt, dass sie jährlich Kriegsmaterial im Wert von mehreren hundert Millionen Franken exportiert. Der Bundesrat beweist in puncto Waffenexporten seit Jahren eine klare Haltung: Wenn es der Wirtschaft dient und Arbeitsplätze schafft, haben Menschenrechtsverletzungen zweite Priorität.
Das Geschäft mit Kriegsmaterial ist jedoch alles andere als transparent: Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) verweigerte den Medien den Zugang zu Informationen über die Rüstungskonzerne, so auch der Wochenzeitung WoZ, die jahrelang zum Thema recherchierte. Doch die drei Journalisten Jan Jirát, Kaspar Surber und Lorenz Naegeli liessen sich nicht aufhalten und gingen bis vors Bundesgericht, welches urteilte, dass die Namen der Konzerne veröffentlicht werden müssen.
«Das Geschäft hat jetzt Name und Adresse», sagte Kaspar Surber anlässlich der Lancierung der Online-Plattform Der Rüstungs-Report. Dort veröffentlichte die WoZ die Namen von 72 Firmen, welchen das Seco fürs Jahr 2017 die Bewilligung erteilt hatte, je Kriegsmaterial im Wert von mehr als 100'000 Franken zu exportieren. Insgesamt verfügen in der Schweiz rund 150 Firmen über eine solche Bewilligung – total geht es um eine Summe von 1,7 Milliarden Franken pro Jahr.
Der Rüstungs-Report gibt nebst allgemeinen Informationen über jeden Konzern detailliert an, welche Art von Kriegsmaterial dieser verkauft und wie hoch seine bewilligte Exportsumme im Beispieljahr 2017 war. Diese Daten belegen laut der WoZ, dass der Schweizer Waffenhandel ein globalisiertes Geschäft ist, an dem hauptsächlich Grosskonzerne beteiligt sind. «Die Behauptung der rechtsbürgerlichen Parteien, die KMUs seien das Rückgrat der Schweizer Rüstungsindustrie, fällt in sich zusammen: Das Rückgrat sind globale Konzerne.»
Für ihre hartnäckige Recherche und die ans Licht beförderten Zahlen und Fakten wurden Jan Jirát, Kaspar Surber und Lorenz Naegeli von oeffentlichkeitsgesetz.ch mit dem «Prix Transparence 2020» ausgezeichnet. «Diese Recherche ermöglicht ein klareres Bild über die Unternehmen, die im Schweizer Rüstungsgeschäft aktiv sind», sagt Jury-Mitglied Serge Gumy, Chefredaktor von «La Liberté». In der heiklen Debatte um Waffenexporte beleuchte die journalistische Arbeit das Thema aus einem anderen Blickwinkel. Insofern sei die Recherche ein grosser Schritt sowohl für den Journalismus als auch für die Transparenz gegenüber der Bevölkerung.
Wir ziehen den Hut vor den Autoren des Rüstungs-Reports, die in Zeiten von Einheitsmedien und Fake-News Beharrlichkeit bewiesen haben. Damit haben sie ein Thema an die Öffentlichkeit gebracht, über das uns der Bund und die betroffenen Konzerne noch so gern im Dunkeln gelassen hätte.
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