Das farbigste Haus der Schweiz
«Jetzt zieh ich das durch!» Das war der Entscheid von Siljia Coutsicos vor 17 Jahren, als sie die erste Decke eines Zimmers in den Farben des Himmels über den Kykladen strich. Die griechische Heimat ihres Mannes mit den fantastischen und intensiven Licht- und Farbenverhältnissen war auch ihr ans Herz gewachsen. Und vom Land in einen grauen Altbau im nebligen Schönenwerd umgezogen, brauchte sie dringendst Farbe in ihrem Leben. Die heute 52jährige Lehrerin, die schon immer gerne gemalt hatte, nahm sich ein Zimmer ums andre vor, übermalte und gestaltete, legte Mosaike und brachte Verzierungen an, bis das ganze Haus mit seinen zwei Wohnungen nach Jahren zu einem veritablen Gesamtkunstwerk geworden war. Bei der Aussenhülle ging sie vorsichtig ans Werk. Als sie die Fensterrahmen bunt bemalte, reklamierte prompt ein Nachbar. Kurz darauf erkrankte er schwer an einer seltenen Krankheit. Die Ärzte wussten schliesslich nicht mehr weiter und schickten ihn unter anderem in die Farbtherapie. Er wurde geheilt und sein Ärger über die Farbenfreude von Siljia Coutsicos war verflogen. Die Geschichte ist so schön, dass man sie eigentlich in allen Details erzählen sollte. Aber dafür ist hier kein Platz, denn schliesslich geht es noch um die Aussenwände, die sich Silja Coutsicos bis ganz zum Schluss aufbewahrte. Jede Wand ist nach den Elementen, den vier Jahreszeiten und Windrichtungen in einer anderen Grundfarbe gehalten: Süden rot (Feuer/Sommer), Westen blaugrün (Wasser/Herbst), Osten gelb (Luft/Frühling) und Norden violett (Erde/Winter). Das Haus leuchtet wunderbar im mittelländischen Einerlei und signalisiert: Hier wohnt ein Mensch, der sich nahe ist und die Kräfte des Lebens nicht scheut.
«Das ist ein Lernprozess», sagt Siljia Coutsicos im Gespräch, «der seine Zeit braucht». Begonnen hat er mit der Kleidung. Sie trägt gern farbige Kleider und näht sich vieles selber. Obwohl bei Frauen eher üblich, scheidet bunte Bekleidung nach ihrer Erfahrung die Geister in Verachtung und Bewunderung. Nicht selten wird einem auch der Wunsch zu provozieren unterstellt. Sicher ist: In farbigen Gewändern kann man sich nicht verstecken. Silja Coutsicos wird denn auch oft von Menschen gegrüsst und angesprochen, die sie gar nicht kennt. Farben wecken offenbar auch die Umgebung zu neuem Leben.
Als Künstlerin gestaltet sie im Auftrag graue Betonwände in Gärten und Häusern zu farbigen Oasen und gibt Restaurants, Bars oder öffentlichen Plätzen eine bunte und belebende Ausstrahlung. In ihrer Arbeit als Lehrerin lässt sie ebenfalls die Farben spielen. Mit ihren (oder fremden) Schulklassen verwirklicht sie Gestaltungsprojekte und hinterlässt an Wänden, Brunnen oder Sitzbänken ihre Spuren in Form von Mosaiken, und dies in einer Qualität, die ihr einen Kunstpreis des Kantons Aargau einbrachte. Staatliche Anerkennung für einen bunten Vogel – das ist doch ein erfreuliches Signal.
Viele Leute kommen extra ins Quartier, um sich das kleine Wunder aus der Nähe zu betrachten. Emotional besonders berührt war ausgerechnet eine Architektin, die in ihrem Berufsleben vor allem Industriebauten entwirft. Es wäre schön, wenn sich noch mehr BauherrInnen und Architekten inspirieren lassen würden. Wie die Häuser im hohen Norden oder im Süden Europas zeigen, hat es in der Schweiz durchaus noch Platz für Farbe.
Siljia Coutsicos aus Schönenwerd hat neben ihrem Beruf als Lehrerin fast 17 Jahre lang gearbeitet, aus ihrem grauen Haus eine Symphonie der Farben zu machen. (Bilder: cp)
Mehr zum Thema im Schwerpunktheft «Farbe bekennen» (Zeitpunkt 123, Januar/Februar 2013. Hier bestellen: http://www.zeitpunkt.ch/abonnements/schnupperabo.html
«Das ist ein Lernprozess», sagt Siljia Coutsicos im Gespräch, «der seine Zeit braucht». Begonnen hat er mit der Kleidung. Sie trägt gern farbige Kleider und näht sich vieles selber. Obwohl bei Frauen eher üblich, scheidet bunte Bekleidung nach ihrer Erfahrung die Geister in Verachtung und Bewunderung. Nicht selten wird einem auch der Wunsch zu provozieren unterstellt. Sicher ist: In farbigen Gewändern kann man sich nicht verstecken. Silja Coutsicos wird denn auch oft von Menschen gegrüsst und angesprochen, die sie gar nicht kennt. Farben wecken offenbar auch die Umgebung zu neuem Leben.
Als Künstlerin gestaltet sie im Auftrag graue Betonwände in Gärten und Häusern zu farbigen Oasen und gibt Restaurants, Bars oder öffentlichen Plätzen eine bunte und belebende Ausstrahlung. In ihrer Arbeit als Lehrerin lässt sie ebenfalls die Farben spielen. Mit ihren (oder fremden) Schulklassen verwirklicht sie Gestaltungsprojekte und hinterlässt an Wänden, Brunnen oder Sitzbänken ihre Spuren in Form von Mosaiken, und dies in einer Qualität, die ihr einen Kunstpreis des Kantons Aargau einbrachte. Staatliche Anerkennung für einen bunten Vogel – das ist doch ein erfreuliches Signal.
Viele Leute kommen extra ins Quartier, um sich das kleine Wunder aus der Nähe zu betrachten. Emotional besonders berührt war ausgerechnet eine Architektin, die in ihrem Berufsleben vor allem Industriebauten entwirft. Es wäre schön, wenn sich noch mehr BauherrInnen und Architekten inspirieren lassen würden. Wie die Häuser im hohen Norden oder im Süden Europas zeigen, hat es in der Schweiz durchaus noch Platz für Farbe.
Siljia Coutsicos aus Schönenwerd hat neben ihrem Beruf als Lehrerin fast 17 Jahre lang gearbeitet, aus ihrem grauen Haus eine Symphonie der Farben zu machen. (Bilder: cp)
Mehr zum Thema im Schwerpunktheft «Farbe bekennen» (Zeitpunkt 123, Januar/Februar 2013. Hier bestellen: http://www.zeitpunkt.ch/abonnements/schnupperabo.html
12. Januar 2013
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