Flucht als Hauptfaktor der Weltpolitik
Eine Konkurrenz herzustellen zwischen Deutschen, die den Sozialstaat brauchen, und den Flüchtlingen, die dringend Hilfe brauchen, ist eine der Grundmaximen der deutschen Flüchtlingspolitik.
«Die Globalisierung ist an einem Punkt angekommen, wo die zentralen Widersprüche unserer Tage aufeinanderprallen.» Dies sagt Conrad Schuhler, Autor des neu erschienen Buches «Die Grosse Flucht – Ursachen, Hintergründe, Konsequenzen» im Gespräch mit Jens Wernicke.
«Der erste dieser Widersprüche ist der zwischen dem Norden, der ‹reichen Welt›, und der armen Welt, dem Süden. Dort müssen heute 60 Millionen, bald hunderte Millionen ihre Regionen verlassen; wegen Krieg, Hunger und Umweltkatastrophen. Alles Faktoren, für die der Norden im Wesentlichen verantwortlich ist, inklusive des Terrors, der u.a. Syrien, Afghanistan und Irak zerreisst. Diese vielen Millionen wenden sich nun mit ihrer Flucht an die wesentlichen Verursacher des Elends und der Zerstörung ihrer Länder. Sie wenden sich hierher im Glauben, sie fänden in der reichen Welt ein friedliches und sozial-ökonomisch gesichertes Auskommen.
Diese Flüchtenden treffen hier auf den zweiten weltpolitischen Widerspruch: den zwischen Reich und Arm, zwischen Oben und Unten innerhalb eines Staates. Ein Widerspruch, der sich auch und insbesondere durch die sogenannte reiche Welt zieht: Jeder Vierte in Deutschland ist inzwischen armutsgefährdet, während
17 Prozent des Gesamtvermögens dem reichsten Promille der Gesellschaft, lediglich 40 000 Haushalten, gehören.
Die Armen, die kommen, treffen auf die deutschen Armen, wodurch die beiden grossen Widersprüche und Zweiteilungen der Welt aktuell aufeinanderprallen. Eine Konkurrenz herzustellen zwischen Deutschen, die den Sozialstaat brauchen, und den Flüchtlingen, die dringend Hilfe brauchen, ist eine der Grundmaximen der deutschen Flüchtlingspolitik; was im Kern dazu dient, den Widerspruch innerhalb Deutschlands, jenen zwischen Arm und Reich, unangetastet zu lassen.
In den Formeln ‹Flüchtlingsschwemme›, ‹Flüchtlingsstrom›, ‹Flüchtlingsflut› werden Bilder einer Naturkatastrophe suggeriert, gegen die man sich zu wappnen habe. Das Hereinbrechende muss abgewehrt werden. Zum festen Reservoir fremdenfeindlicher Propagandaformeln gehören Sätze wie ‹Das Boot ist voll›. Der Schrei, das Boot ist voll, will darauf hinaus, dass wir untergehen, wenn wir noch mehr Flüchtlinge aufnehmen.
Max Uthoff hat Recht, wenn er sagt, bei Deutschland handle es sich nicht um ein Boot, sondern um einen Luxusliner. Nur: Auf dem Luxusliner macht sich die Erste Klasse breit, die Masse der Menschen wird ins Unterdeck gestopft. Die Klasse der Reichen schafft ihre Reichtümer von Bord. EU-Steuerkommissar Semetas sagt, dass der EU Jahr für Jahr eine Billion Euro, das sind 1000 Milliarden, durch Steuerhinterziehung und Steuerumgehung verloren gehen. Diese Steuerflüchtlinge sind die kostspieligsten Flüchtlinge, sie kommen uns teurer zu stehen als alle Geflüchteten sonst.»
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Conrad Schuhler: Die Grosse Flucht – Ursachen, Hintergründe, Konsequenzen. Papy Rossa Verlag, Mai 2016. 131 S. € 12.90. Nachzulesen ist das ganze Gespräch auf.
www.nachdenkseiten.de
«Der erste dieser Widersprüche ist der zwischen dem Norden, der ‹reichen Welt›, und der armen Welt, dem Süden. Dort müssen heute 60 Millionen, bald hunderte Millionen ihre Regionen verlassen; wegen Krieg, Hunger und Umweltkatastrophen. Alles Faktoren, für die der Norden im Wesentlichen verantwortlich ist, inklusive des Terrors, der u.a. Syrien, Afghanistan und Irak zerreisst. Diese vielen Millionen wenden sich nun mit ihrer Flucht an die wesentlichen Verursacher des Elends und der Zerstörung ihrer Länder. Sie wenden sich hierher im Glauben, sie fänden in der reichen Welt ein friedliches und sozial-ökonomisch gesichertes Auskommen.
Diese Flüchtenden treffen hier auf den zweiten weltpolitischen Widerspruch: den zwischen Reich und Arm, zwischen Oben und Unten innerhalb eines Staates. Ein Widerspruch, der sich auch und insbesondere durch die sogenannte reiche Welt zieht: Jeder Vierte in Deutschland ist inzwischen armutsgefährdet, während
17 Prozent des Gesamtvermögens dem reichsten Promille der Gesellschaft, lediglich 40 000 Haushalten, gehören.
Die Armen, die kommen, treffen auf die deutschen Armen, wodurch die beiden grossen Widersprüche und Zweiteilungen der Welt aktuell aufeinanderprallen. Eine Konkurrenz herzustellen zwischen Deutschen, die den Sozialstaat brauchen, und den Flüchtlingen, die dringend Hilfe brauchen, ist eine der Grundmaximen der deutschen Flüchtlingspolitik; was im Kern dazu dient, den Widerspruch innerhalb Deutschlands, jenen zwischen Arm und Reich, unangetastet zu lassen.
In den Formeln ‹Flüchtlingsschwemme›, ‹Flüchtlingsstrom›, ‹Flüchtlingsflut› werden Bilder einer Naturkatastrophe suggeriert, gegen die man sich zu wappnen habe. Das Hereinbrechende muss abgewehrt werden. Zum festen Reservoir fremdenfeindlicher Propagandaformeln gehören Sätze wie ‹Das Boot ist voll›. Der Schrei, das Boot ist voll, will darauf hinaus, dass wir untergehen, wenn wir noch mehr Flüchtlinge aufnehmen.
Max Uthoff hat Recht, wenn er sagt, bei Deutschland handle es sich nicht um ein Boot, sondern um einen Luxusliner. Nur: Auf dem Luxusliner macht sich die Erste Klasse breit, die Masse der Menschen wird ins Unterdeck gestopft. Die Klasse der Reichen schafft ihre Reichtümer von Bord. EU-Steuerkommissar Semetas sagt, dass der EU Jahr für Jahr eine Billion Euro, das sind 1000 Milliarden, durch Steuerhinterziehung und Steuerumgehung verloren gehen. Diese Steuerflüchtlinge sind die kostspieligsten Flüchtlinge, sie kommen uns teurer zu stehen als alle Geflüchteten sonst.»
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Conrad Schuhler: Die Grosse Flucht – Ursachen, Hintergründe, Konsequenzen. Papy Rossa Verlag, Mai 2016. 131 S. € 12.90. Nachzulesen ist das ganze Gespräch auf.
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16. August 2016
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