Für Putinversteher gibt’s bei Watson kein Recht auf Gegendarstellung

Philipp Löpfe hat für das online-Magazin Watson das Buch «Wir sind immer die Guten» besprochen und die Autoren Mathias Bröckers und Paul Schreyer für Aussagen angegriffen, die sie weder im Buch noch sonstwo gemacht haben. Eine Gegendarstellung wurde ihnen verweigert. Stattdessen publizieren wir an dieser Stelle eine Replik, die Paul Schreyer auch im Namen von Mathias Bröckers geschrieben hat.

Bröckers Schreyer wir sind die gutenIn einer aktuellen Rezension von „Wir sind immer die Guten“ werden Mathias Bröckers und mir Aussagen unterstellt, die wir nicht getätigt haben – um uns auf dieser Grundlage um so heftiger kritisieren zu können. Eine Gegendarstellung wird verweigert.

Grundlage der Rezension des Nachrichtenportals Watson – mit 80 Millionen Klicks pro Monat eines der meistgelesenen Schweizer Online-Magazine – ist das seltsame Missverständnis, wir, die Buchautoren, seien so etwas ähnliches wie halboffizielle Sprecher des Kremls, die Putins Sicht auf die Welt als „die bessere“ verteidigten. Man nimmt den Titel „Wir sind die Guten“ also wörtlich und tut so, als bezögen die Autoren dieses Motto auf sich selbst – was man dann als „kindisch“ kritisiert.

Der Rezensent Philipp Löpfe spricht mehrfach von „den Putinverstehern“, einer vermeintlich homogenen politischen Gruppe, als deren Sprachrohr er uns ausmacht. Nun geht aus unserem Buch eigentlich klar hervor, dass wir mitnichten Parteigänger Putins sind, sondern schlicht und einfach versuchen, die Spielregeln der aktuellen Geopolitik – und zwar sowohl im Westen als auch in Russland – sachlich und transparent zu beleuchten. Schon diese Differenzierung scheint aber manchem Journalisten zu viel, vielleicht, weil sie das eigene Feindbild vom „bösen Putinversteher“ nachhaltig zu unterminieren droht.

Die Rezension baut dabei nicht allein auf dieser „Fehlinterpretation“ auf, sondern unterstellt uns mehrfach und an entscheidenden Stellen Aussagen, die wir nie gemacht haben. So heißt es, wir würden ohne jeden Beleg behaupten, die CIA, Brzezinski und Soros hätten den Putsch in der Ukraine eingefädelt. Richtig ist, dass wir deren Rolle im Land zwar intensiv beleuchten, und das auch mit zahlreichen Quellen belegen, eine direkte operative Verantwortung für den Staatsstreich aber nicht unterstellen – ganz einfach weil wir generell nichts behaupten, was wir nicht klar belegen können. Das ficht den Rezensenten jedoch nicht an, der weiter schreibt:

„Da erstaunt es nicht, dass für Bröckers und Schreyer der Abschuss des malaysischen Passagierjets MH17 – entgegen allen offiziellen Erkenntnissen – den ukrainischen Streitkräften in die Schuhe geschoben wird.“

Einmal abgesehen von der holprigen Sprache ist auch das eine Falschbehauptung. Nirgendwo im Buch schreiben wir, die Ukrainer seien für den Abschuss verantwortlich. Wir erläutern lediglich, weshalb der Fall MH17 bislang nicht abschließend geklärt ist und dass die Beweise für das gängige „Russland war‘s“ bei gründlicher Prüfung eher fragwürdig erscheinen. Doch wiederum gilt: Soviel Differenzierung ist nicht drin. Wer eine Schuld Moskaus hinterfragt, der muss ein Parteigänger Putins sein. Anderes ist schlicht nicht vorstellbar. In dieses Raster passt auch folgende Unterstellung des Rezensenten:

„Zudem soll der russische Geheimdienst nichts, aber auch gar nichts, mit dem Attentat auf den ehemaligen Spion Sergei Skripal und dessen Tochter Julia zu tun gehabt haben.“

Wiederum: eine Falschbehauptung. Im Buch lassen wir bewusst offen, wer für den Anschlag verantwortlich ist, und erläutern mehrere Möglichkeiten, weisen insbesondere aber darauf hin, dass auch dieser Fall bislang ungeklärt ist.

Nun ist es eine beliebte Rhetorik-Methode, dem Gegenüber falsche Aussagen zu unterstellen, die sich dann um so schwungvoller kritisieren lassen. Doch geschieht so etwas in der Presse, dann muss sich das zumindest niemand gefallen lassen. Zeitungen und journalistische Onlineportale sind bei Falschbehauptungen auf Aufforderung zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung verpflichtet.

Unsere Aufforderung an die Redaktion, eine solche Gegendarstellung zu veröffentlichen, zog nun eine aufschlussreiche Diskussion mit dem Chefredakteur des Portals, Maurice Thiriet, nach sich. Der Fall sei „knifflig“, so der der Watson-Chef in einer ersten Reaktion. Seiner Ansicht nach ist alles eine Frage der Interpretation:

„Dies deshalb, weil in Gegendarstellungen gemäss Rechten und Pflichten der Schweizer Journalistinnen und Journalisten nur falsche Tatsachendarstellungen richtig gestellt werden können. Ein Buch, beziehungsweise dessen Inhalt, ist jedoch keine reine Tatsache, sondern von Vornherein auch ein Interpretationsgegenstand für den Rezipienten. Ich würde deshalb von einer Gegendarstellung absehen mit der Begründung, dass die Interpretation eines Buchinhalts immer im Gesamtkontext des Werkes gesehen werden muss und deshalb eine den Autoren allenfalls missfallende oder nicht beabsichtigte Interpretation von Teilen des Inhaltes nicht als falsche Tatsachendarstellung gelten kann.“

Darauf erwiderten wir, dass es natürlich stimme, dass auf Tatsachen beruhende Interpretationen nicht gegendarstellungsfähig sind, der Fall hier allerdings anders liege:

„Die von uns bemängelten Aussagen des Rezensenten sind keine auf Tatsachen beruhenden Interpretationen, sondern gründen auf nachweislich falschen Unterstellungen. Konkret: Wir haben in unserem Buch eben nicht behauptet, die Ukrainer seien für den Abschuss von MH17 verantwortlich. Herr Löpfe sagt an dieser Stelle die Unwahrheit. Und das ist keine irgendwie legitime Interpretation, sondern eine schlichte Falschdarstellung.“

Wir erinnerten daran, dass laut Impressum des Portals „die Journalistinnen und Journalisten von watson dem Ethik-Kodex des Schweizerischen Presserates verpflichtet“ seien. Darin aber heißt es klar:

„Keine Entstellung von Texten (…) und Meinungen – Kritisieren ja, aber aufgrund von Tatsachen“

In seiner Replik ging der Chefredakteur auf diese Argumente nicht weiter ein, sondern wechselte nun die Strategie und wurde politisch:

„Ich habe Ihr Buch leider nicht gelesen und ich werde zeitnah auch keine Zeit finden, mich vertieft mit ihrem Werk zu befassen. Ich möchte aber grundsätzlich davon absehen, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, in der suggeriert wird, dass irgendein anderer Akteur als Russland für den Tod von 298 Menschen verantwortlich ist. Das ist absurd.“

An dieser Stelle erscheint die Krise der Leitmedien wie in einer Nussschale komprimiert: Medienmacher wähnen sich im Besitz der Wahrheit, argumentieren politisch-moralisch und missachten journalistische Standards, weil es ja „gegen die Bösen“ geht. Eben davon handelt unser Buch.
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https://www.broeckers.com
https://paulschreyer.wordpress.com

15. März 2019
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