Mehr Freude, weniger Hierarchie
Das Ende seiner Firma hat ihm die Augen geöffnet. Markus Mettler weiss inzwischen, wie man Mitarbeitende und Kunden erfreut. Mit der gleichen Methode bringt er auch seine Kinder zum Putzen.
Im Dezember 2011 kam es zum Konkurs. Die exorbitanten Mietkosten (40'000 Fr.) haben der Erfolgsgeschichte «BrainStore» schliesslich das Ende beschert. «Aber es war nicht nur das», sagt Markus Mettler, «Wir haben vieles falsch gemacht.» Der gebürtige Appenzeller, der mit seiner Partnerin Nadja Schnetzler die Ideenfabrik in Biel gründete, erinnert sich: «Wir hatten weder Spielregeln noch einen ausformulierten Zweck; wussten auch nicht genau, wem wir welchen Wert brachten. Wir pflegten Gärtchen-Denken zwischen den Abteilungen und ich mischte mich als Chef in die Angelegenheiten der Mitarbeitenden ein: Wir waren am Ende der Prototyp eines Unternehmens das die Dynamik verloren hat.»
Der 48-jährige sitzt ganz in schwarz gekleidet vor einer leeren Tasse Kaffee und erzählt vom «schmerzlichen Erlebnis». 2008 generierte die Firma mit industrieller Ideenentwicklung und Innovations-Workshops, einen Umsatz von 7,5 Millionen Franken. Dann kam die Krise. Mettler versuchte mit Entlassungen entgegenzuwirken. «Wir haben alles kleiner gemacht, aber Ende Jahr war es gleich schlimm.» Am Ende blieben einzig der vom Konkursamt zurückgekaufte Markenname und Erkenntnisse.
Ideen zum kaufen
BrainStores Geschichte beginnt, als Mettler und Schnetzler 1997 einen Laden eröffneten, in dem man Ideen über die Gasse kaufen konnte. Die Resonanz war riesig. Branchenmagazine, Time Magazine, die FAZ, BBC, sie alle berichteten über den Laden, der frische Ideen produziert. «Plötzlich kamen Weltkonzerne zu uns nach Biel». Es folgten Geld, 70 Mitarbeitende und eine passende Liegenschaft – Erfolg, den Mettler sich so nie erträumt hätte. Nicht während seiner Schulzeit im beschaulichen Trogen noch nach seinem abgebrochenen BWL-Studium in Genf. «Das Studium war langweilig», sagt er und fügt an «Nadja und mich hat nie interessiert, was andere machen. Wir kannten keine Rollenmodelle.» Und so operiert der umtriebige Querdenker noch heute – ohne Vorbild. Dafür getrieben von Neugier, dem Wunsch nach Vereinfachung und der Hoffnung, unternehmerische Innovationskultur zu verbessern.
Nach dem Konkurs hat er nachgedacht, Fehler identifiziert und dieses Jahr den «Brainstore» zu neuem Leben erweckt. Die jetzige Firma ist ein Netzwerk von gleichgestellten Satelliten, mit den Zweck, Kunden glücklich zu machen und dabei Spass zu haben. «To delight custumers and having fun doing so».
Hierarchie ist passé
Mettler dreht die Stereoanlage im Wohnzimmer seiner Stadtvilla auf – hier arbeitet er und empfängt Gäste. Belustigt sieht er zu, wie Black Sabbath die Workshopteilnehmenden beim Schreiben irritiert. Nach 30 Sekunden lässt er klassische Musik laufen, dann schnulzigen Pop. «Irritation fördert die Kreatitivität». Die Teilnehmenden üben, wie man innert 20 Minuten passende Namen für ein Restaurant findet. Der Clou dabei ist, Komplexität zu reduzieren. «Verstehen ist wichtig» denn wer nicht verstehe, braucht Vorgesetzte. Doch von Hierarchien hält Mettler wenig. In einer römischen Legion haben diese Sinn gemacht. Die meisten Organisationen operieren aber noch heute top-down. Motivation, Innovation, Produktivität, das ganze Arbeitsklima aber leide darunter. Untergebene versuchen, die Aufträge ihrer Vorgesetzen zu verstehen und zu erfüllen, obschon sie das Ziel nicht kennen. Sie fürchten eigene Fehler, lassen sich kontrollieren, es herrsche Gärtchendenken: Menschen übten Funktionen aus. Zeitgemäss sei das nicht mehr, findet Mettler, und nötig auch nicht. Darum lehrt er nicht nur Innovationsmanagment, sondern auch agiles Arbeiten.
So auch den Teilnehmenden dieses Workshops: Sie üben inzwischen konzentriert für den Elevator-Pitch-Contest. Während 20 Sekunden, tragen sie das eben erlernte «Agil Working Model» vor und verdienen sich dabei Applaus. Für den lautesten, gibt es ein Geschenk. Die Teilnehmenden strengen sich an.
Agiles Arbeitsmodell
Agiles Arbeiten setzt einen Kulturwandel innerhalb einer Organisation voraus. Die Mitarbeitenden und das Management müssen gewillt sein, Funktionen abzulegen und für jedes neue Projekt eine von vier Rollen zu übernehmen. «Die Kundin» (sie äussert einen Wunsch); «der Champ»,von Champion (versteht den Wunsch und stellt ein Team mit Facilitator zusammen); «der Facilitator», von französisch facile, (vereinfacht dem Team die Arbeit: sorgt für Material, angenehmes Arbeitsklima, Zeitmanagement) und als viertes «das Teammitglied» (es erfüllt im Team den Wunsch der Kundin). Der Vorteil von Rollen ist, dass Menschen entlang ihren Interessen und Fähigkeiten arbeiten – nicht entlang ihrer Funktion. Ein Geschäftsausflug organisiert nicht mehr die Direktionsassistenz mit Hilfe des Praktikanten, sondern der IT-Mann, der als Hobby Reiseberichte verfasst, die HR-Frau die gerne Restaurants testet und der Controller, der als ehemaliger Pfadi-Leiter Gruppendynamiken versteht. Die Kundin ist nicht die Geschäftsleitung, die den Ausflug als Notwendigkeit anordnet, sondern die Belegschaft, die Lust auf ein verbindendes Erlebnis hat. Die Rolle des Champ übernimmt die Klatschtante vom zweiten Stock. Sie kennt die Hobbies und Interessen der Mitarbeitenden und stellt darum ein motiviertes Team zusammen. «Es funktioniert», sagt Mettler. «Wer an Projekten arbeiten kann, an denen er Freude hat, leistet bessere Arbeit.» Damit es klappt, brauche es gewisse Voraussetzungen und «Tools». Erstens: Alle Mitarbeitende müssen den Zweck ihrer Organisation verstehen. Denn wer den Zweck nicht kennt, braucht Anweisung von oben. Zweitens: Ein «Code of Conduct» spart Weisungen, Regeln, Ordnungen. Drittens müssen die Rollen voneinander getrennt sein und nach Projekten wechseln; und viertens braucht es ein «Kanban». Eine Wand, auf der Post-its mit allen zu erledigenden Arbeiten von «zu tun» zu «getan» wandern.
Die Methode benutze er auch für den familiären Hausputz. Trotz pubertierender Kinder verlaufe die heikle Angelegenheit garantiert hierarchie- und stressfrei. Man glaubt es ihm gern. Zufrieden streichelt Markus Mettler seine Hünding «Schmidi» und wiederholt sein einfaches Geheimnis: Ich will nur meine Kunden zufrieden machen und dabei Freude haben.
Markus Mettler, 48, lebt mit seiner Partnerin Nadja Schnetzler und zwei Kindern Ella 12 Nemo 15 in Biel.
Sie können ihn am nächsten Zeitpunkt-Apero kennenlernen. Programm.
www.brainstore.com
Im Dezember 2011 kam es zum Konkurs. Die exorbitanten Mietkosten (40'000 Fr.) haben der Erfolgsgeschichte «BrainStore» schliesslich das Ende beschert. «Aber es war nicht nur das», sagt Markus Mettler, «Wir haben vieles falsch gemacht.» Der gebürtige Appenzeller, der mit seiner Partnerin Nadja Schnetzler die Ideenfabrik in Biel gründete, erinnert sich: «Wir hatten weder Spielregeln noch einen ausformulierten Zweck; wussten auch nicht genau, wem wir welchen Wert brachten. Wir pflegten Gärtchen-Denken zwischen den Abteilungen und ich mischte mich als Chef in die Angelegenheiten der Mitarbeitenden ein: Wir waren am Ende der Prototyp eines Unternehmens das die Dynamik verloren hat.»
Der 48-jährige sitzt ganz in schwarz gekleidet vor einer leeren Tasse Kaffee und erzählt vom «schmerzlichen Erlebnis». 2008 generierte die Firma mit industrieller Ideenentwicklung und Innovations-Workshops, einen Umsatz von 7,5 Millionen Franken. Dann kam die Krise. Mettler versuchte mit Entlassungen entgegenzuwirken. «Wir haben alles kleiner gemacht, aber Ende Jahr war es gleich schlimm.» Am Ende blieben einzig der vom Konkursamt zurückgekaufte Markenname und Erkenntnisse.
Ideen zum kaufen
BrainStores Geschichte beginnt, als Mettler und Schnetzler 1997 einen Laden eröffneten, in dem man Ideen über die Gasse kaufen konnte. Die Resonanz war riesig. Branchenmagazine, Time Magazine, die FAZ, BBC, sie alle berichteten über den Laden, der frische Ideen produziert. «Plötzlich kamen Weltkonzerne zu uns nach Biel». Es folgten Geld, 70 Mitarbeitende und eine passende Liegenschaft – Erfolg, den Mettler sich so nie erträumt hätte. Nicht während seiner Schulzeit im beschaulichen Trogen noch nach seinem abgebrochenen BWL-Studium in Genf. «Das Studium war langweilig», sagt er und fügt an «Nadja und mich hat nie interessiert, was andere machen. Wir kannten keine Rollenmodelle.» Und so operiert der umtriebige Querdenker noch heute – ohne Vorbild. Dafür getrieben von Neugier, dem Wunsch nach Vereinfachung und der Hoffnung, unternehmerische Innovationskultur zu verbessern.
Nach dem Konkurs hat er nachgedacht, Fehler identifiziert und dieses Jahr den «Brainstore» zu neuem Leben erweckt. Die jetzige Firma ist ein Netzwerk von gleichgestellten Satelliten, mit den Zweck, Kunden glücklich zu machen und dabei Spass zu haben. «To delight custumers and having fun doing so».
Hierarchie ist passé
Mettler dreht die Stereoanlage im Wohnzimmer seiner Stadtvilla auf – hier arbeitet er und empfängt Gäste. Belustigt sieht er zu, wie Black Sabbath die Workshopteilnehmenden beim Schreiben irritiert. Nach 30 Sekunden lässt er klassische Musik laufen, dann schnulzigen Pop. «Irritation fördert die Kreatitivität». Die Teilnehmenden üben, wie man innert 20 Minuten passende Namen für ein Restaurant findet. Der Clou dabei ist, Komplexität zu reduzieren. «Verstehen ist wichtig» denn wer nicht verstehe, braucht Vorgesetzte. Doch von Hierarchien hält Mettler wenig. In einer römischen Legion haben diese Sinn gemacht. Die meisten Organisationen operieren aber noch heute top-down. Motivation, Innovation, Produktivität, das ganze Arbeitsklima aber leide darunter. Untergebene versuchen, die Aufträge ihrer Vorgesetzen zu verstehen und zu erfüllen, obschon sie das Ziel nicht kennen. Sie fürchten eigene Fehler, lassen sich kontrollieren, es herrsche Gärtchendenken: Menschen übten Funktionen aus. Zeitgemäss sei das nicht mehr, findet Mettler, und nötig auch nicht. Darum lehrt er nicht nur Innovationsmanagment, sondern auch agiles Arbeiten.
So auch den Teilnehmenden dieses Workshops: Sie üben inzwischen konzentriert für den Elevator-Pitch-Contest. Während 20 Sekunden, tragen sie das eben erlernte «Agil Working Model» vor und verdienen sich dabei Applaus. Für den lautesten, gibt es ein Geschenk. Die Teilnehmenden strengen sich an.
Agiles Arbeitsmodell
Agiles Arbeiten setzt einen Kulturwandel innerhalb einer Organisation voraus. Die Mitarbeitenden und das Management müssen gewillt sein, Funktionen abzulegen und für jedes neue Projekt eine von vier Rollen zu übernehmen. «Die Kundin» (sie äussert einen Wunsch); «der Champ»,von Champion (versteht den Wunsch und stellt ein Team mit Facilitator zusammen); «der Facilitator», von französisch facile, (vereinfacht dem Team die Arbeit: sorgt für Material, angenehmes Arbeitsklima, Zeitmanagement) und als viertes «das Teammitglied» (es erfüllt im Team den Wunsch der Kundin). Der Vorteil von Rollen ist, dass Menschen entlang ihren Interessen und Fähigkeiten arbeiten – nicht entlang ihrer Funktion. Ein Geschäftsausflug organisiert nicht mehr die Direktionsassistenz mit Hilfe des Praktikanten, sondern der IT-Mann, der als Hobby Reiseberichte verfasst, die HR-Frau die gerne Restaurants testet und der Controller, der als ehemaliger Pfadi-Leiter Gruppendynamiken versteht. Die Kundin ist nicht die Geschäftsleitung, die den Ausflug als Notwendigkeit anordnet, sondern die Belegschaft, die Lust auf ein verbindendes Erlebnis hat. Die Rolle des Champ übernimmt die Klatschtante vom zweiten Stock. Sie kennt die Hobbies und Interessen der Mitarbeitenden und stellt darum ein motiviertes Team zusammen. «Es funktioniert», sagt Mettler. «Wer an Projekten arbeiten kann, an denen er Freude hat, leistet bessere Arbeit.» Damit es klappt, brauche es gewisse Voraussetzungen und «Tools». Erstens: Alle Mitarbeitende müssen den Zweck ihrer Organisation verstehen. Denn wer den Zweck nicht kennt, braucht Anweisung von oben. Zweitens: Ein «Code of Conduct» spart Weisungen, Regeln, Ordnungen. Drittens müssen die Rollen voneinander getrennt sein und nach Projekten wechseln; und viertens braucht es ein «Kanban». Eine Wand, auf der Post-its mit allen zu erledigenden Arbeiten von «zu tun» zu «getan» wandern.
Die Methode benutze er auch für den familiären Hausputz. Trotz pubertierender Kinder verlaufe die heikle Angelegenheit garantiert hierarchie- und stressfrei. Man glaubt es ihm gern. Zufrieden streichelt Markus Mettler seine Hünding «Schmidi» und wiederholt sein einfaches Geheimnis: Ich will nur meine Kunden zufrieden machen und dabei Freude haben.
Markus Mettler, 48, lebt mit seiner Partnerin Nadja Schnetzler und zwei Kindern Ella 12 Nemo 15 in Biel.
Sie können ihn am nächsten Zeitpunkt-Apero kennenlernen. Programm.
www.brainstore.com
31. Oktober 2014
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