Der Spiegel hat am Sonntag unter der Überschrift „Uno-Generaldebatte – Sergej Lawrow wirft Westen Eskalation vor“ über die Rede des russischen Außenministers Lawrow berichtet. Der Spiegel hat seinen Lesern jedoch nur einige aus dem Zusammenhang gerissene Zitate von Lawrow gezeigt, die Kernaussagen von Lawrows Rede hat er hingegen verschwiegen.
Natürlich war der Kern von Lawrows Rede Kritik an der Politik des US-geführten Westens, aber der Spiegel hat seinen Lesern wie üblich die Argumente von Lawrow verschwiegen. Wieder haben deutsche Leser nicht erfahren, was Lawrow gesagt hat und wie die russische Regierung argumentiert. Es ist bezeichnend, dass die westlichen Medien die russischen Argumente konsequent verschweigen. Sie könnten sie ja nennen und dann widerlegen, wenn Russland falsch liegen oder gar lügen sollte. Aber nichts dergleichen geschieht, offenbar hat der Westen keine Argumente für die eigene Position.
Noch wichtiger aber ist, dass es in Lawrows Rede tatsächlich nicht konkret um die Ukraine ging, schließlich war das eine Rede vor der UN-Vollversammlung, also eine Rede an alle Staaten der Welt . In der Rede ging es um die globalen Probleme, die die Länder des globalen Südens beschäftigen, denen der Ukraine-Konflikt relativ egal ist. Sie sorgen sich um ihre Probleme, also die Lebensmittelpreise oder die Versuche des Westens, ihnen seinen Willen aufzuzwingen.
Der Spiegel-Artikel ist nicht hinter der Bezahlschranke, weshalb ihn jeder lesen kann. Ich habe die Rede von Lawrow übersetzt, damit jeder selbst entscheiden kann, ob er sich vom Spiegel umfassend über die Rede informiert fühlt. Beim Lesen der Rede ist es wichtig, sie aus der Sicht der Länder des globalen Südens und ihrer Probleme zu lesen, denn ganz offensichtlich waren diese Länder die wichtigsten Adressaten von Lawrows Rede.
Beginn der Übersetzung:
Ehrenwerter Herr Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren,
In den Reden vieler meiner Vorredner wurde bereits der Gedanke geäußert, dass unser gemeinsamer Planet unumkehrbaren Veränderungen unterworfen ist. Vor unseren Augen wird eine neue Weltordnung geboren. Die Konturen der Zukunft entstehen im Kampf. Im Kampf zwischen der globalen Mehrheit, die für eine gerechtere Verteilung des globalen Reichtums und der zivilisatorischen Vielfalt eintritt, und den wenigen, die mit den neokolonialen Methoden der Unterwerfung an der ihnen entgleitenden Vorherrschaft festhalten.
Das Markenzeichen des „kollektiven Westens“ ist seit langem die Abneigung gegen den Grundsatz der Gleichheit und die völlige Vertragsuntreue. Gewohnt, auf den Rest der Welt herabzuschauen, geben Amerikaner und Europäer Versprechen und Verpflichtungen ab, auch schriftliche und rechtsverbindliche. Danach halten sie sie einfach nicht ein. Wie Präsident Wladimir Putin feststellte, ist der Westen ein wahres „Imperium der Lügen“.
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