«Der macht das Super»
Der Schriftsteller und Philosoph Gunnar Kaiser ist tot. Ein Nachruf.
Der Tod kommt stets auf leisen Sohlen und ziemlich unerwartet. So auch im Juni 2021, als wir mit Gunnar Kaiser ein Interview mit Sucharit Bhakdi und Carina Reiss vorbereiteten. Zu den Fragen, die Gunnar dem Wissenschaftlerduo Bhakdi und Reiss stellen sollte, zählte jene nach den krebserregenden Auswirkungen von Start- und Stop Codons bei Verabreichung von mRNA-Impfstoffen. Harter Stoff für Laien, über den ich mich mit dem Macher von Kaiser TV gerne persönlich unterhalten wollte – aber nicht konnte, weil mein Schwiegervater ausgerechnet am Tag des Drehtermins verstarb.
Gunnar drückte mir sein herzliches Beileid aus, und griff daraufhin die schriftlich erhaltenen Fragen im Gespräch wie immer in ruhiger Tonalität wissenschaftlich fundiert auf. Diese Ruhe, über die sich Zuschauer und Zuschauerinnen von Kaiser TV erfreuen konnten, strahlte Kompetenz aus. Gunnar Kaiser, so der Eindruck jener, die seinem Kanal folgten, stellte sich nie selbst in den Mittelpunkt. Er war ein bescheidener Mensch – trotz seiner Erfolge.
Die jedenfalls können sich sehen lassen. Der 1976 geborene Schriftsteller und Philosoph verfasste das Sachbuch «Der Kult. Über die Viralität des Bösen» (Rubikon) und belegte damit in der Woche des Erscheinens Platz 2 der Spiegel-Bestsellerliste.
Sein Erstlingsroman «Unter der Haut» (Berlin Verlag) wiederum wurde in sechs Sprachen übersetzt.
Auf seinem viel beachteten Videokanal «KaiserTV» schliesslich führte er mit zahlreichen Menschen erkenntnisreiche Gespräche, zuletzt etwa mit Gerald Hüther, Markus Gabriel, Ulrike Guérot, Hans-Joachim Maaz, Henryk M. Broder und Philipp Blom.
In einem Meer selbsternannter, dilettantischer Schreiberlinge diesseits und jenseits des Mainstreams war Gunnar Kaiser eine Insel der Professionalität. Sein Wert für die freien, alternativen Medienwelt erwuchs aus seiner Freiheit, Themen, nicht die Medien per se in den Mittelpunkt zu stellen. So arbeitete er für verschiedene Medien als Freelancer, darunter die "Neue Zürcher Zeitung", die "Welt", der "Schweizer Monat" und die "Berliner Zeitung". Und gründete nebenbei die Online-Akademie »Symposium« mit.
Für die staatstreue Mainstream-Welt jedoch avancierte Gunnar Kaiser zur Gefahr. So verwundert es nicht, dass die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) während der Corona-Krise den Aufklärer ins Visier nahm – und diffamierte:
Was Gunnar Kaiser seinen Followern vermittelt, ist eher eine aus bekannten, ursprünglich neomarxistischen, kultur-, zivilisations- und technologiekritischen Versatzstücken von Horkheimer bis Foucault zusammengewürfelte Herrschaftstheorie. Kaiser ist damit – wie auch viele libertäre Impfkritiker – zum Ideologen geworden.
Man darf derartige Ergüsse gelassen betrachten: Von der NZZ zerfetzt zu werden ist nämlich eine Auszeichnung. Denn jene, die von den Kritikmühlen der etablierten Hauptmedien zermahlen werden , die, deren Stimme von Organen á la NZZ wahrgenommen werden, können sich sicher sein, alles richtig gemacht zu haben. Ihre Stimme hat Gewicht – und lehrt das Establishment das Fürchten.
Wirklich wichtig sind Kommentare jener Menschen, die Gunnar tagtäglich erreichte. Und sich ihre eigene Meinung über den kritischen Medienmacher bilden konnten.
Beispielsweise wäre da die E-Mail meiner damals 25-jährigen Tochter, die mir noch vor Ausstrahlung des Bhakdi-Interviews auf Kaiser TV im Juni 2021 die eigene Meinung zu Gunnar Kaiser in einem Satz mitteilte: «Der macht das super».
Gunnar Kaiser verstarb am 12.Oktober 2023 im Alter von 47 Jahren.
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