Der Zeitpunkt ist um einen Kopf kleiner
Zum plötzlichen Tod von Walter Keller, 27. Dez. 1953 bis 1. Sept. 2014
Walter Keller und ich haben zu wenig gemeinsame Vergangenheit, als dass ich sein Leben wirklich würdigen könnte. Aber wir hatten so viel Gegenwart und Zukunft, dass sein plötzlicher Tod mit 61 Jahren in der Nacht auf den letzten Montag ein grosses Loch in mein Leben reisst.
Nach dem Tod seiner älteren Schwester vor einigen Wochen sagte er, er fühle sich einen Kopf kleiner – jetzt weiss auch ich, wie sich das anfühlt.
Der sensible und gleichzeitig Klartext sprechende Verleger, Ausstellungsmacher, Galerist, Publizist, Provokateur und Inspirator hinterlässt eine grosse Lücke in der schweizerischen Kunstwelt. Wer wird es wagen, in der subventionierten Kultur seinen eigenen Weg zu gehen? Wer wird die Brücken schlagen, die die Schweiz und ihre Kreativen so dringend brauchen? Seine letzte Ausstellung «Grosses Kino, die Schweiz als Film» im Landesmuseum hatte er vom ehemaligen Weltwoche-Mann Markus Somm eröffnen lassen – eine verbindende Provokation ganz nach seinem Gusto.
Walter Keller hat nach seinem Studium in Germanistik und Volkskunde früh einen eigenen Standpunkt in der Welt gesucht und gefunden. 1978, im Alter von 25 Jahren, gründete er mit dem Schriftsteller Nikolaus Wyss den «Alltag», das «Sensationsblatt des Gewöhnlichen». 1983 folgte die Kunstzeitschrift «Parkett», die heute noch erfolgreich ist. 1991 gründete er den führenden Fotobuch-Verlag Scalo mit Galerien in Zürich und New York, mit dem er 2006 allerdings scheiterte. Von dem Konkurs hat er sich erst in den letzten Monaten wirklich erholt. Das Fotomuseum in Winterthur gäbe es ohne Walter Keller nicht und viele interessante Ausstellungen auch nicht: «Witzerland» (2009) «Kapital» (2012/13), «Märchen, Magie und Trudi Gerster» (2013) und aktuell «Grosses Kino» im Landesmuseum. Auch in seiner eigenen Galerie an der Oberdorfstrasse in Zürich fielen ihm dank seiner guten Beziehungen in die ganze Welt dicke Fische zu, wie etwa Peter Mangones Bilder von Marilyn Monroe. Und seit sein Freund und Büropartner René Lüchinger Blick-Chefredaktor wurde, bereicherte er auch den Boulevard.
Der Zeitpunkt allerdings blieb in Walter Kellers Leben ein Projekt. Ich erinnere mich noch gut an die erste Begegnung mit ihm vor zwei Jahren in einem Solothurner Café an der Aare, wie er schon nach wenigen Minuten mehr Prägnantes zum Zeitpunkt sagte, als ich je hörte oder selber dachte. Er wollte ihn auf die grosse Bühne bringen, auf die ich nicht selber klettern mag. Wie er das jetzt von seiner höheren Warte aus hinkriegen will, bleibt sein Geheimnis. Es würde mich aber nicht erstaunen, wenn er auch das noch schaffen würde.
Walter, wir bleiben uns treu, jeder für sich und vielleicht auch zusammen.
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Weitere Nachrufe:
Daniele Muscionico, Tages Anzeiger
Urs Stahel, Neu Zürcher Zeitung
René Lüchinger, Blick
Simone Meier, watson
Nach dem Tod seiner älteren Schwester vor einigen Wochen sagte er, er fühle sich einen Kopf kleiner – jetzt weiss auch ich, wie sich das anfühlt.
Der sensible und gleichzeitig Klartext sprechende Verleger, Ausstellungsmacher, Galerist, Publizist, Provokateur und Inspirator hinterlässt eine grosse Lücke in der schweizerischen Kunstwelt. Wer wird es wagen, in der subventionierten Kultur seinen eigenen Weg zu gehen? Wer wird die Brücken schlagen, die die Schweiz und ihre Kreativen so dringend brauchen? Seine letzte Ausstellung «Grosses Kino, die Schweiz als Film» im Landesmuseum hatte er vom ehemaligen Weltwoche-Mann Markus Somm eröffnen lassen – eine verbindende Provokation ganz nach seinem Gusto.
Walter Keller hat nach seinem Studium in Germanistik und Volkskunde früh einen eigenen Standpunkt in der Welt gesucht und gefunden. 1978, im Alter von 25 Jahren, gründete er mit dem Schriftsteller Nikolaus Wyss den «Alltag», das «Sensationsblatt des Gewöhnlichen». 1983 folgte die Kunstzeitschrift «Parkett», die heute noch erfolgreich ist. 1991 gründete er den führenden Fotobuch-Verlag Scalo mit Galerien in Zürich und New York, mit dem er 2006 allerdings scheiterte. Von dem Konkurs hat er sich erst in den letzten Monaten wirklich erholt. Das Fotomuseum in Winterthur gäbe es ohne Walter Keller nicht und viele interessante Ausstellungen auch nicht: «Witzerland» (2009) «Kapital» (2012/13), «Märchen, Magie und Trudi Gerster» (2013) und aktuell «Grosses Kino» im Landesmuseum. Auch in seiner eigenen Galerie an der Oberdorfstrasse in Zürich fielen ihm dank seiner guten Beziehungen in die ganze Welt dicke Fische zu, wie etwa Peter Mangones Bilder von Marilyn Monroe. Und seit sein Freund und Büropartner René Lüchinger Blick-Chefredaktor wurde, bereicherte er auch den Boulevard.
Der Zeitpunkt allerdings blieb in Walter Kellers Leben ein Projekt. Ich erinnere mich noch gut an die erste Begegnung mit ihm vor zwei Jahren in einem Solothurner Café an der Aare, wie er schon nach wenigen Minuten mehr Prägnantes zum Zeitpunkt sagte, als ich je hörte oder selber dachte. Er wollte ihn auf die grosse Bühne bringen, auf die ich nicht selber klettern mag. Wie er das jetzt von seiner höheren Warte aus hinkriegen will, bleibt sein Geheimnis. Es würde mich aber nicht erstaunen, wenn er auch das noch schaffen würde.
Walter, wir bleiben uns treu, jeder für sich und vielleicht auch zusammen.
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Weitere Nachrufe:
Daniele Muscionico, Tages Anzeiger
Urs Stahel, Neu Zürcher Zeitung
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Simone Meier, watson
05. September 2014
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