Ungarn hat es in diesen Tagen nicht leicht in der europäischen Gemeinschaft. Während die Kriegshysterie bezüglich der Ukraine um sich greift, setzt die Regierung von Viktor Orbán auf eine Friedenslösung durch Verhandlungen. Jetzt möchte man der ungarischen Regierung das Stimmrecht entziehen, weil sie dem Plan der EU-Außenminister, der Ukraine 1,4 Milliarden Euro Militärhilfe zu geben, nicht zustimmen könnte. Das Geld stammt aus den Zinseinnahmen der eingefrorenen Guthaben der russischen Zentralbank. Federführend dabei ist der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. In Budapest stieß Borrells Vorschlag, Ungarn zu übergehen, auf Kritik. Damit würden europäische Regeln gebrochen, erklärte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó in den sozialen Netzwerken. Borrells Plan müssen noch die EU-Staaten zustimmen.
Friedenspolitik bedeutet für Sozialdemokraten und Grüne in Europa hauptsächlich Aufrüstung und den Umbau der Gesellschaft in eine Kriegswirtschaft. Die finnische Sozialdemokratin Tytti Tuppurainen brachte das Kernanliegen der europäischen Sozialdemokratie beim Progressive Governance Summit 2024 in Berlin
auf den Punkt: Bevor man Russland als guten Nachbarn betrachten könne, müsse es "auf dem Schlachtfeld in der Ukraine" besiegt werden.
Orban hingegen betont, dass der Krieg ein Konflikt zwischen "zwei slawischen Ländern" sei und Waffenlieferungen den Krieg nur verlängern würden. Für Europa und den Westen gehe davon keine ernsthafte Gefahr aus. Dafür wurde Orban mangelnde Loyalität gegenüber Europa vorgeworfen. Um seine Zustimmung zu erhalten, wurden EU-Zahlungen an Ungarn ausgesetzt und Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit geäußert. Diese Konflikte gehen nicht spurlos an der Europäischen Union vorüber. Und es ist anzunehmen, dass sie noch größer werden könnten, denn ab Juli übernimmt Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft. Letztlich könnte das zu einer weiteren Polarisation in den EU-Staaten und einem stärkeren Rechtstrend führen, so Bernd Müller auf Telepolis.
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