USA möchte Datentransfer zu Fingerabdrücken und biometrischen Merkmalen aus der EU

Neuer übergreifende EU-US Vertrag ist dafür notwendig
Veröffentlicht: 4. Sep 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 4. Sep 2024

Die EU-Kommission arbeitet an einem Machbarkeitsnachweis für die von den USA geforderten systematischen Transfers etwa von Fingerabdrücken zum Grenzschutz, schreibt Stefan Krempl auf Heise online. Die Übermittlungen sollen von 2027 an die Voraussetzung für eine visafreie Einreise aus der EU sein. Die US-Regierung wollte eine solche «Partnerschaft für verstärkten Grenzschutz» von Anfang an über einen Deal für alle Mitgliedsstaaten durchsetzen. Die EU-Kommission liess im November aber durchblicken, dass eine einschlägige transatlantische Arbeitsgruppe ihre Arbeit eingestellt habe. 

Die USA wollten ihre Forderungen demnach offenbar bilateral über Abkommen mit einzelnen EU-Ländern durchdrücken. Laut einem neuen Brüsseler Dokument ist aber wohl doch ein neuer übergreifender EU-US-Vertrag nötig, da bestehende Abkommen den begehrten Datenzugriff nicht abdecken. Die Übermittlungen sollen von 2027 an die Voraussetzung für eine visafreie Einreise aus der EU sein. Die US-Regierung wollte eine solche «Partnerschaft für verstärkten Grenzschutz»  von Anfang an über einen Deal für alle Mitgliedsstaaten durchsetzen. Im Rahmen der von Washington verlangten «Enhanced Border Security Partnership» (EBSP) wären die Behörden in der Lage, «die Fingerabdrücke von Reisenden, die eine Einreise oder einen Einwanderungsstatus anstreben, mit ihren entsprechenden Straf-, Terror- und Identitätsregistern abzugleichen». Sie erhielten dann zahlreiche personenbezogene Daten, falls dabei ein Treffer erzielt würde. Eine solche Übereinkunft soll neue Bedingung für die zukünftige Teilnahme am Visa Waiver Programm (VWP) werden. Aktuell erlaubt dieses Programm über den vereinfachten ESTA-Antrag eine visumfreie Einreise in die USA. Wie die damalige belgische Ratspräsidentschaft Anfang Juni in einem vertraulich eingestuften Papier an den Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten (Coreper) schrieb, fordern zahlreiche EU-Länder die Kommission auf, «die Initiative zu ergreifen und ein entsprechendes Abkommen zwischen der EU und den USA abzuschließen».

Washington habe «mehrfach und auf verschiedenen Ebenen klar bestätigt», dass der Abschluss einer solchen EBSP-Übereinkunft als nötig angesehen werde, betont die Ratsspitze in dem Dokument zum Weg nach vorn, das die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht hat. Dieser «Proof of Concept» habe mögliche Rahmenbedingungen für den Datenaustausch aufgelistet und sollte als Basis für weitere Diskussionen zwischen den beteiligten Seiten dienen, «um die Möglichkeiten und Grenzen im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Informationsaustausch zu ermitteln». Die erste Version des Vorhabens habe die Brüsseler Regierungsinstitution bei einem Workshop im Oktober 2023 vorgestellt.  Es bleibt aber noch vieles vage. «Trotz der Versuche in den letzten zwei Jahren, Einblick in die Situation zu gewinnen», konnten der Präsidentschaft zufolge «keine weiteren konkreten Schritte identifiziert werden». Dabei habe selbst der Juristische Dienst des Rates schon interveniert. Eine Informationsfreiheitsanfrage von Statewatch zur Herausgabe von Dokumenten  zu der Machbarkeitsstudie lehnte die Kommission mit der Begründung ab, einschlägige Veröffentlichungen könnten die öffentliche Sicherheit und die internationalen Beziehungen gefährden. So könnten die EU-Länder auch «ihre Botschaften aufeinander abstimmen», was ihre Position gegenüber den USA stärken würde. Weiter stehe aber die «grundlegende Frage» im Raum, ob der von den USA beabsichtigte Datenaustausch nach EU-Recht überhaupt möglich ist.


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