Man muss etwas verrückt sein, um frei zu sein
Der Zeitpunkt gratuliert: Das Star Fire Mountain College in Davos wird 25 Jahre alt. Seine Symposien und Kurse sind eine einzigartige Institution in der Schweiz, seine Gründerin ein Wirbelwind und eine waschechte Walserin aus Davos.
«Ich bin wie ein Vogel, so frei!» Das sei das wichtigste, das ich über sie wissen müsse. «Ich bin eine Pionierin der neuen Zeit, ich bin mir treu – und habe viele Berufe. Und alles, was ich mache, liebe ich.»
Priya heisst: von Gott geliebt – und Ladina: ein Stück Heimat, erklärt Ladina Priya Kindschi. Und Heimat schuf sie, vor 25 Jahren, als sie das Star Fire Mountain College in Davos gründete. Eine Heimat für alle, die wie sie das Bewusstsein erweitern und das Herz offen halten wollen.
Schon als Kind, so erzählt sie, hätte sie dasselbe gewollt wie heute: dienen, helfen, glücklich sein. Das will sie immer noch, bis zum letzten Moment, und dann fröhlich ins Licht gehen. Damals habe sie an fremde Türen geklingelt und gerufen: «A liaba Gruass vom liaba Gott».
«Auch heute will ich andere anstecken mit meiner Liebe.» Herzen heilen, Herzen öffnen – darin sei sie gut. «Gelernt habe ich das nicht auf der Universität,» sagte die ehemalige Primarlehrerin, Jahrgang 1958, spätere eidgenössisch dipl. Kunsttherapeutin, Fachrichtung Tanz- und Bewegungstherapie und Empowerment Coach. «Das lernte ich bei einem Nahtoderlebnis nach einem Autounfall – und dann vor fast 30 Jahren in Indien.»
Damals, 1994, erfüllte sie sich einen Lebenstraum, besuchte Indien und half an einer Schule. «Dort hatten die Kinder grosse Bäuche und eingefallene Wangen: Sie waren am verhungern. Es macht etwas mit mir, wenn ich sehe, andere haben nichts, und wir Schweizer haben alles, reklamieren und rennen dem Geld nach.»
In dem Moment beschloss sie, wiederzukommen – und mitzubringen, was immer gebraucht wird, damit die Kinder zu essen haben und so glücklich sind wie die Kinder in der Schweiz. Viele Male kehrte sie zurück. Dabei lernte sie auch ihre andere grosse Liebe kennen: indische Gurus und Weisheitslehrer.
«Diese sind wie Bergführer,» erklärt sie. «Wenn du das erste Mal auf einen Berg gehst, dann gehst du auch nicht allein, du lässt dich führen und dir alles zeigen. Und das können sie sehr gut. Irgendwann kannst du es dann anderen zeigen.»
Wir sind eine Familie. Wir sind eins mit allem. Eins mit Tieren, mit dem Wasser.
Sie erkannte, dass sie innere Begleiter hat – Ahnen und Lehrer der Seele. «Die sagen immer die Wahrheit. Sie haben etwas vor mit mir und geben nie auf.» Vor 25 Jahren fragte sie diese Begleiter: Ich möchte ein Werkzeug sein, was soll ich tun? Die Antwort aus dem Inneren kam prompt: «Kreier a Schual – Star Fire Mountain College Davos». «Star – wir alle kommen aus den Sternen. Fire – wie das Feuer von Geist und Leidenschaft. Und College – eine Schule für das Bewusstsein und eine neue Zeit.» Was lernt man bei euch? «Alle werden abgeholt, das ist meine Spezialität. Man lernt, sich willkommen zu fühlen. Man lernt, im Moment zu sein. Das ist wichtiger als alles Gold der Welt.»
Seit damals finden Suchende im Star Fire Mountain College Begleitung, Inspiration, Heilung. Kurse, Friedenssymposien, Reisen nach Indien und andere Orte der Besinnung – Ladina sprudelt vor Ideen.
Aber: «Corona brach uns so ziemlich das Genick», erklärt sie unverdrossen. Der Einbruch der Besucherzahlen brachte sie dazu, eine weitere Arbeit anzunehmen. Derzeit ist sie in einer Burnout-Klinik als Therapeutin tätig. Nächstes Jahr gibt es wieder einen Jahreskurs in ihrem College.
«Ich sehe, wie sich viele an der Klinik überarbeiten. Man hilft den Menschen am besten durchs Dasein und Nicht-Verurteilen», erklärt sie. «Bei einer früheren Anstellung in einer Asthma-Klinik habe ich noch Rückführungen und andere Techniken anwenden dürfen, das sei heute nicht mehr akzeptiert.» Dennoch könne sie den Menschen mit ihrer Liebe und Präsenz helfen, und das sei das wichtigste.
Wir sollten wissen: Man kann nichts festhalten. Auch Geld nicht.
«Ich fühle, dass wir alle eins sind, auch in der Klinik. Wir sind eine Familie. Wir sind eins mit allem. Eins mit Tieren, mit dem Wasser. Und wenn wir das berühren, dann kann es sein, dass wir weinen – und das ist so gut.»
Die Menschen, so findet sie, leiden heute am meisten an Angst, Scham und Schuldgefühlen – z.B. Angst davor, dass das Geld ausgeht. Dann arbeiten sie noch mehr und werden krank.
«Auch ich habe immer wieder Angst. Dann meditiere ich, spüre sie und sage: Das ist in Ordnung. Du darfst Angst haben. Alle Gefühle dürfen sein. Du darfst sie aber auch wieder gehen lassen.»
Wichtige Entscheidungen sollten wir nie in einem gestressten Zustand treffen, sondern Angst, Wut, Trauer gehen lassen. Wir sollten wissen: Man kann nichts festhalten. Auch Geld nicht. Angst ist der grösste Killer – wir könnten sie loslassen durch tanzen, Atem- und Meditationsübungen.
Das Star Fire Mountain College wird noch lange weitergehen, sagt sie. «Auch die Symposien. Gerade haben wir die Weichen für das nächste Jahr gestellt. Am Samstag, 14. September 24, wird es Begegnungsräume geben und am Sonntag 15. dann das 12. Bewusstseinssymposium.
Was wünscht sie sich für die Zukunft? Dass wir Schweizer wieder mehr unsere Seele finden – nicht mehr so sehr herumrennen und dem Geld nachlaufen. «Dazu befrage ich einen anderen inneren Begleiter, nicht die indischen Weisheitslehrer, sondern Niklaus von Flüe. Der kommt immer, wenn ich innere Arbeit mache. Auch er hörte den Ruf, der Welt zu dienen. Er hat in schwierigen Zeiten seine Hände über die Schweiz gehalten. Die Schweizer haben ihre spirituelle Hingabe vergessen – daran möchte ich sie erinnern.»
von:
- Anmelden oder Registieren um Kommentare verfassen zu können