Können die Vereinigten Staaten einen Zweifrontenkrieg führen?

Nein! sagt der Ex-CIA-Mann Larry Johnson
Veröffentlicht: 8. Nov 2022 - Zuletzt Aktualisiert: 8. Nov 2022

Das Militär der Vereinigten Staaten hat die teuersten Waffensystemen der Welt. Aber die Entscheidung, welche Systeme gebaut und eingesetzt werden sollen, basiert nicht auf einer klar definierten nationalen Sicherheitsstrategie, wie diese Systeme in einem echten Krieg eingesetzt  würden.

Das beste Beispiel für die Unsinnigkeit der US-Verteidigungsindustrie sind die Flugzeugträger, das wichtigste Instrument der USA zur Verlegung von Streitkräften nach Übersee. Warum sage ich «unsinnig»? Weil die Russen und Chinesen Hyperschallraketen entwickelt (und eingesetzt) haben, welche die Raketenabwehrsysteme zum Schutz der Flugzeugträger durchdringen können. Im Falle eines heissen Krieges mit China um Taiwan wären alle US-Flugzeugträger in einem Umkreis von 500 Meilen von China leichte Beute.

Ich will es einfach ausdrücken: Die Vereinigten Staaten produzieren Waffen nach politischen und bürokratischen Prioritäten, während Russland Waffen auf der Grundlage eines nationalen strategischen Verteidigungsplans herstellt.

In einem Krieg werden Waffensysteme und ihre Betreiber beschädigt oder zerstört. Das bedeutet, dass sie repariert oder neu gebaut werden müssen. Das Gleiche gilt für die Munition und die Granaten, die für diese Waffen verwendet werden. Das Ergebnis?

Die Vereinigten Staaten geben Milliarden für das Äquivalent von Lamborghinis aus, während Russland robuste Toyota Pick-ups mit Allradantrieb kauft. Der Bau neuer «Lamborghinis» ist zeitaufwändig und sehr kostspielig. Der Bau neuer «Toyota»-Lastwagen ist billiger und schneller.

Wenn die Vereinigten Staaten einen Flugzeugträger verlieren, dauert der Bau eines Ersatzes Jahre und kostet Milliarden von Dollar (12,41 Milliarden Dollar im Fall der neuesten Ford-Klasse). Das gleiche Prinzip gilt für den «modernsten» Kampfjet, den F-35. Die NBC News vom 7. März 2021 dazu:

Mit geschätzten Lebenszykluskosten von 1600 Milliarden Dollar ist die F-35 Lightning II, die als vielseitiges, extrem getarntes Kampfflugzeug der nächsten Generation konzipiert ist, das teuerste Waffensystem, das je gebaut wurde. Als das Programm 1992 begann, sollte die F-35 eine erschwingliche Einheitslösung für die Air Force, das Marine Corps und die Navy sein. Erst im Februar [2021] hat die Air Force öffentlich zugegeben, dass der F-16-Ersatz den Rentabilitätstest nicht bestanden hat.

 

Die russische Drohne «Lancet» kostet in der Herstellung Tausende, während eine M777-Haubitze 3,738 Millionen Dollar kostet. Falls die Herstellung der Lancet 100’000 Dollar kostet, bedeutet dies, dass 38 Lancets für den Preis einer einzigen Haubitze M777 gebaut werden können. Jede dieser Lancets kann eine M777 zerstören.

Man braucht keinen Abschluss in Buchhaltung, um zu erkennen, dass Russland eine US-Panzerkolonne für einen Bruchteil der Kosten für den Bau dieser Panzer zerstören kann. Selbst im Krieg spielt die Wirtschaft eine Rolle. ...

Auch bei den modernen Kampfpanzern haben die Russen einen wirtschaftlichen und taktischen Vorsprung. Vergleichen wir den neuesten russischen Panzer mit der neuesten Ausgabe des amerikanischen M1-Abrams.

Der Abrams SEPv3 (links) wurde 2020 eingeführt, wiegt 73,6 Tonnen und kostet 6,2 Mio. Dollar. – Das russische Gegenstück wurde 1992 eingeführt, wiegt 51 Tonnenund kostet 4,5 Mio. Dollar (Stand 2016)

 

Der russische Panzer wiegt 22 Tonnen weniger als sein US-amerikanisches Gegenstück. Das macht ihn wendiger und sparsamer. Er benötigt nur eine Dreier-Besatzung, da er mit einem automatischen Lader für Granaten ausgestattet ist. Der M1-Abrams macht es noch auf die alte Art, d.h. ein Besatzungsmitglied hat die Aufgabe, die Kanone zu laden.

Russland hat auch einen entscheidenden Vorteil bei den Luftabwehrsystemen, wie die Schwachstellen des HIMARS-Mehrfachraketenabschuss-Systems und der HARM-Raketen gezeigt haben. Russland schiesst zwar nicht alle Raketen ab, aber das russische Luftabwehrsystem hat die meisten von ihnen abgefangen.

Erinnern Sie sich noch, als das HIMARS-System als Wendepunkt [im Ukraine-Krieg] angepriesen wurde? Es hat versagt, und nun stehen die Vereinigten Staaten und die Ukraine vor der Herausforderung, mehr Raketen zu beschaffen und die teuren Abschussrampen zu ersetzen, die von den Russen zerstört wurden.

Ich ende, wo ich angefangen habe: Die Vereinigten Staaten machen sich etwas vor, wenn sie glauben, sie könnten China und Russland bekämpfen. Doch anstatt sich um eine Deeskalation der Spannungen zu bemühen, verhalten sich die Vereinigten Staaten gegenüber Peking und Moskau immer kriegerischer und bedrohlicher.

Präsident Kennedy – mit Kriegserfahrung – erkannte während der Kubakrise die Gefahr eines Atomkriegs und fand eine diplomatische Lösung, die den Frieden sicherte. Präsident Joe Biden leidet an Demenz und scheint nicht zu begreifen, dass sein aufgeblasenes Verhalten und seine Drohungen die Welt nur noch gefährlicher machen.


Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Larry C. Johnson ist ein Veteran der CIA und des Büros für Terrorismusbekämpfung des US-Außenministeriums. Johnson hat 24 Jahre lang Spezialeinheiten des US-Militärs ausgebildet. Auf seiner Website schreibt er: Ich wurde von der Rechten und der Linken verunglimpft, was bedeutet, dass ich etwas richtig gemacht haben muss.»


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