Wer nachhaltig wirtschaftet, hat es schwer, insbesondere wenn langfristige Investitionen anstehen. «Investoren gehen von kurzfristigen Erwägungen aus», sagt Christian Hiss, Biobauer am südbadischen Kaiserstuhl. Das hat er am eigenen Leib erfahren, als er keinen Kredit für den Bau eines Milchviehstalls erhalten hat. Deswegen hat er die Sache selbst in die Hand genommen: Den Stall hat er mit geliehenem Privatkapital gebaut, später hat er die «Regionalwert AG» gegründet, die leerstehende Landwirtschaftsbetriebe kauft und weiterverpachtet sowie Kapital für naturgerechte Investitionen zur Verfügung stellt. Hiss’ Milchviehbetrieb und Gärtnerei gehören zwar nun der «Bürgeraktiengesellschaft», aber eingeschränkt fühlt er sich dadurch nicht. «Wir haben Freiräume gewonnen, wir sind frei von den normalen Zinsen der Bank», sagt er. Tätigt die Regionalwert AG eine Investition, erhält sie vorerst «nur» einen immateriellen Nutzen – eine intakte Natur, eine Stärkung der regionalen Strukturen. «Wirtschaft ist mehr als Geld», ist Hiss überzeugt.

In Südbaden soll schrittweise ein Netzwerk entstehen, das die gesamte Wertschöpfung abdeckt. Die AG verfügt neben Bauernhöfen und der biologisch-dynamischen Gärtnerei bereits eine Käserei; ein Bio-Catering ist in Planung. Mit dem regionalen Konzept hat sie Anklang gefunden: 350 Aktionäre sind eingebunden, obwohl sie keine garantierte Dividende erhalten – die Regionalwert AG fördert keine Finanzblasen. «Im Moment läuft es wirtschaftlich schlecht, dann erhalten die Aktionäre keine Dividenden. Wir wollen das Existenzielle weitergeben. Den Aktionären stehen Menschen gegenüber, die Verantwortung tragen, statt abstrakte Systeme.»

Hiss hat die AG nicht nur gegründet, um dem Geldmangel zu entfliehen, eine andere Not hat ihn erfinderisch gemacht: Vielen Bauernhöfen fehlen die Nachfolger. «Es ist legitim, wenn die Kinder nicht als Bauern arbeiten wollen», sagt er, «doch die Gesellschaft bekommt langfristig ein Problem.» Auch Hiss hat gezweifelt, ob er den elterlichen Bauernhof übernehmen will. «Ich wollte das ethisch-moralische Erbe nicht aufs Spiel setzen», sagt er. Deshalb ist er auf dem Hof geblieben, aber seinen Kindern möchte er das Dilemma ersparen. Dank der Regionalwert AG können sie ihren Hof mit gutem Gewissen verlassen, wenn ihnen danach ist – die AG kümmert sich um passende Nachfolger.

Weitere Informationen: www.regionalwert-ag.de