»Grüner« Kolonialstil in Südamerika

Minister Habeck und Özdemir werben für «Freihandel», schreibt Volker Hermsdorf
Veröffentlicht: 16. Mar 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 16. Mar 2023

Auf ihrer Südamerikareise wollen die grünen Bundesminister Robert Habeck (Wirtschaft) und Cem Özdemir (Landwirtschaft) nach eigenen Angaben für faire Wirtschaftsbeziehungen, den Schutz des Regenwaldes, Klimakooperationen und den Kohleausstieg werben. Mit populistischen Auftritten verschleiern sie, dass ihre wahre Mission eher darin bestehen dürfte, die Akzeptanz für umstrittene Projekte wie das EU-Mercosur-«Freihandelsabkommen» oder den Import kolumbianischer Steinkohle zu erhöhen. «Ein bisschen Show muss sein», überschrieb der deutsche Nachrichtensender NTV am Mittwoch seinen Bericht über die «grüne» PR-Tour, die von lateinamerikanischen Medien kaum beachtet wird.
Tatsächlich ging es dem Wirtschaftsminister darum, die Folgen der durch die Russland-Sanktionen verursachten Energiekrise abzumildern. Als Alternative zur russischen Kohle erhöhte die BRD die Importe aus Kolumbien von sechs Prozent im Jahr 2021 auf 16,3 Prozent im Jahr 2022. Da Deutschland auch Kohle aus den Niederlanden bezieht, die wiederum zweitgrösster Kunde ­Kolumbiens sind, dürfte der tatsächliche Anteil deutlich höher liegen. Nur, noch im Mai 2022 hatte die «grüne» Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger gegenüber dem ARD-Magazin «Kontraste» Steinkohleimporte aus Kolumbien als «koloniale Ausbeutung» bezeichnet – und erklärt, es sei falsch, aus dieser Region «Blutkohle» zu importieren. Parteikollege Habeck rechtfertigt dies die Folgen seiner Sanktionspolitik nun mit dem Hinweis, er wolle in Kolumbien ja auch «über neue Energiepartnerschaften» reden.
Zum Abschluss eines kurzen Dorfbesuches am Río Negro sagte Habeck, er habe bei seinen Gesprächen in Brasilien eine andere Perspektive wahrgenommen. Nämlich, dass das EU-Mercosur-Abkommen und mehr Handel gut seien, um den Regenwald besser zu schützen. Ob das zu Hause reicht, um die Akzeptanz für das von Greenpeace als klimaschädlicher «Giftvertrag» bezeichnete Freihandelsabkommen zu erhöhen, darf bezweifelt werden.