Israelisches Parlament verabschiedet trotz Protests Förderung für religiöse Studien

Israels Ultrarechte setzt nach und nach ihre Forderungen durch, schreibt Jörg Tiden
Veröffentlicht: 24. May 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 24. May 2023


Am Mittwoch verabschiedete die Knesset einen Haushalt, der eine Förderung von umgerechnet 62 Millionen Euro für verheiratete ultraorthodoxe Männer vorsieht, die statt einer Erwerbsarbeit »religiösen Studien« nachgehen, wie AFP berichtete. Erst am Vorabend hatten Tausende Israelis gegen eine solche Maßnahme protestiert und der Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu vorgeworfen, »die Staatskasse zu plündern«.

Oppositionsführer Jair Lapid sagte, der Beschluss sei »schädlich«, weil die Ultraorthodoxen durch ihn abgehalten würden, sich am Wirtschaftsleben des Landes zu beteiligen. »Dies ist ein Haushalt, der Menschen ermutigt, keine höhere Bildung anzustreben, nicht zu arbeiten, nicht für ihre Kinder vorzusorgen«, wurde Lapid von AFP zitiert.

Der Etat für das Jahr 2023/2024 erhielt die Zustimmung von 64 der 120 Knesset-Abgeordneten. »Wir haben die Wahlen gewonnen, wir haben den Haushalt verabschiedet, wir werden vier Jahre weitermachen«, teilte Netanjahu darauf per Facebook mit. Die zusätzlichen Mittel waren erst kurz vor der Abstimmung mit der an der Regierung beteiligten Partei Vereinigtes Thorajudentum vereinbart worden, um deren Zustimmung zum gesamten Haushalt zu erhalten. Es handelt sich nicht um die einzige Förderung der Ultraorthodoxen. Auch in den Budgets mehrerer Ministerien sind Zuwendungen an sie vorgesehen.

Die Proteste gegen die Geschenke werden von den gleichen Kräften organisiert, die auch die Demonstrationen gegen den geplanten Umbau des Justizsystems koordinieren. Dieses Vorhaben zielt darauf ab, das Oberste Gericht in seiner Macht zu beschneiden und die Stellung von Parlament und Regierung zu stärken. Angesichts der Proteste hatte Netanjahu, der sich nach wie vor mit Klagen wegen Korruption konfrontiert sieht, im März zunächst eine »Pause« im Gesetzgebungsverfahren für die »Reform« ausgerufen. Das hindert die extreme Rechte jedoch nicht, ihre Agenda auf anderem Gebiet durchzusetzen, wie auch der Beschluss vom Mittwoch zeigt.