Argentinien: Extreme Rechte auf dem Vormarsch

Das lateinamerikanische Land erlebt bei Vorwahlen zur Präsidentschaft ein politisches Erdbeben, schreibt Volker Hermsdorf
Veröffentlicht: 16. Aug 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 16. Aug 2023

Die Abstimmung über die Kandidaten für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 22. Oktober hat ergeben, dass die einzige Alternative für 35 Millionen Argentinier darin besteht, sich zwischen zwei Bewerbern der extremen Rechten und dem Peronisten Sergio Massa zu entscheiden. Damit steht das zweitgrösste Land Südamerikas – wie ein Jahr zuvor das größte Land Brasilien – vor einer Richtungsentscheidung. In beiden Fällen hängt vom Ausgang der Wahlen nicht nur die Wirtschafts- und Sozialpolitik, sondern auch der aussenpolitische Kurs ab.

Die für argentinische Verhältnisse niedrige Vorwahlbeteiligung und deren Ergebnis sind Ausdruck von Frust und Verzweiflung in der Bevölkerung, die keiner der traditionellen Parteien mehr zutraut, den Menschen zu einem würdigen Leben zu verhelfen. Die hohe Verschuldung des Landes, die Folgen der Pandemie und die westlichen Sanktionen gegen Russland haben zum drastischen Anstieg der Lebenshaltungskosten geführt.

Diese von der Regierung nicht zu verantwortenden Probleme bewirkten neben einer Superinflation von über 100 Prozent und sinkenden Realeinkommen ebenso, dass 40 Prozent der 46 Millionen Argentinier in Armut leben. Verantwortlich dafür wird sowohl die Regierung des ehemaligen rechten Präsidenten Mauricio Macri gemacht, der einen riesigen Schuldenberg aufhäufte, als auch die von den Peronisten Alberto Fernández und Cristina Kirchner geführte linksliberale Regierung, die aktuell an der Macht ist und viele Wähler vor den Kopf stiess.