Glyphosat: Erneute Zulassung in der EU?

Brüsseler Behörden sehen keine unakzeptablen Gefahren beim Einsatz von Glyphosat. Das kann zu einer erneuten Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters im Dezember führen, schreibt GERLINDE SCHULTE
Veröffentlicht: 22. Aug 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 22. Aug 2023

Glyphosat ist das weltweit meist genutzte und wahrscheinlich bestuntersuchte Herbizit. Auch etwa 40 Prozent der deutschen Landwirte besprühen ihre Felder mit Glyphosat. Dennoch bleibt der Unkrautvernichter heftig umstritten. Kritiker stufen ihn als krebserregend ein und betrachten ihn als einen Verursacher des weltweiten Artensterbens. Vor dem Hintergrund der Wiederzulassung des Pflanzengifts in der EU ist aktuell wieder ein Streit entbrannt. Denn die Zulassung läuft am 15. Dezember aus. Eine Entscheidung über den künftigen Einsatz von Glyphosat soll bis zum Herbst fallen. Nicht zuletzt damit die Landwirte planen können, wie sie ab dem kommenden Jahr das Unkraut auf ihren Feldern bekämpfen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) teilen die Einschätzung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) aus dem Jahr 2015 nicht. Obwohl Hersteller Bayer-Monsanto betroffenen Landwirten in den USA in einem Vergleich hohe Entschädigungen zahlte. Aufgrund ihrer Analyse von mehr als 2000 Studien zu dem Pestizid, erkennt die EFSA in ihrem jüngsten Bericht zwar einige Datenlücken bei den vorliegenden Untersuchungen, sieht jedoch keine inakzeptablen Gefahren für dessen Einsatz.

Der Deutsche Bauernverband sieht keinen Grund auf Glyphosat zu verzichten. Wegen des Bodenschutzes bei der Vorbereitung der Felder und einer verbesserten CO2-Bilanz, betrachtet er einen Verzicht aufs Pflügen und den vorsichtig dosierten Einsatz von Glyphosat auch als Beitrag zum Umweltschutz. Strenge Auflagen zur Verwendung des Mittels böten zusätzliche Sicherheit für Mensch und Natur, legt der Verband in seinem "Faktencheck Glyphosat Ackerbau" dar.

Kritiker verweisen vor allem auf die EFSA-Aussage, dass es in 12 von 23 vorgeschlagenen Anwendungsgebieten von Glyphosat ernst zu nehmende Bedenken gebe. Sie werfen der Behörde zudem vor, sich einseitig auf von der Industrie finanzierte Studien zu stützen, die in deren Interesse ausfielen. Das Umweltinstitut München bezeichnete die EFSA-Schlussfolgerungen deshalb als „fragwürdig“ und warnt auf seiner Webseite vor einer Wiederzulassung. Der Umweltverband BUND bezeichnete die EFSA-Einschätzung als „fatal“. Auch Foodwatch forderte ein Verbot, solange es Zweifel an der Sicherheit von Glyphosat bestehen.