Es habe sie »wirklich erschreckt«, sagte Manu Hoyer am Donnerstag im jW-Gespräch. Als Vorsitzende des Vereins für Naturschutz und Landschaft Brandenburg habe sie von vielen Vorfällen auf dem Gelände der Tesla-Gigafactory im brandenburgischen Grünheide gewusst, »aber dieses Ausmaß hat selbst uns überrascht«.
Der Stern hatte am Donnerstag online eine Recherche zum in Rekordzeit an diversen Genehmigungsverfahren vorbeigepeitschten Tesla-Werk veröffentlicht. Was das Reporterteam, zum Teil mit verdeckt im Werk beschäftigten Mitarbeitern ans Licht gebracht hat, reiht sich in eine bereits lange Liste von Vorfällen auf dem im Wasserschutzgebiet gebauten Werksgelände ein. Doch die Vielzahl durch Produktionsdruck entstandener Arbeitsunfälle sowie umweltrelevanten Havarien in der Gigafactory hat eine beunruhigende Qualität.
In den ersten sechs Monaten des seit März 2022 produzierenden Werks habe Tesla insgesamt 190 Arbeitsunfälle gemeldet, heißt es im Bericht. Von Verletzungen »durch Stromschläge, Verbrühungen, Salzsäure, amputierten Gliedmaßen« ist die Rede, außerdem von schweren Verbrennungen und Atemwegsschäden durch feinen Aluminiumstaub bei unzureichender Abluft. Im gesamten ersten Jahr sei 247 Mal ein Rettungswagen oder Hubschrauber zu dem Gelände angefordert worden, so Stern. Der Berliner IG-Metall Bezirksleiter, Dirk Schulze, befürchtete demnach, »dass irgendwann jemand zu Tode kommt«. In einer Mitteilung am Donnerstag forderte er »vollen Gesundheitsschutz« für alle Beschäftigten des Werks.
Auch die Landesregierung steht in der Kritik. So habe Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eingeräumt, von häufigen Unfällen im Tesla-Werk zu wissen. Außerdem habe das zuständige Landesamt für Umwelt (LfU) dem US-Autobauer im November 2022 faktisch die Kontrolle zum Schutz des unter dem Werksgelände liegenden Grundwassers überlassen. Das LfU bestätigte auf jW-Anfrage mit einer Liste 26 umweltrelevante Vorfälle auf dem Tesla-Gelände.
Das Umweltamt komme »seiner Kontrollaufgabe bei Tesla nicht nach«, ärgerte sich Manu Hoyer im jW-Gespräch. Eigentlich müsse gefordert werden, »dass das Werk sofort stillgelegt, die geplante Erweiterung sofort gestoppt wird«, so Hoyer. Doch sie habe die Befürchtung, »dass es einfach verpufft, wie so viele Beschwerden zuvor«.