Drohnenangriff auf das Atomkraftwerk Saporischschja

Zwischenfall erhöht Sorge um Atomkatastrophe. Moskau und Kiews beschuldigen einander, schreibt Harald Neuber
Veröffentlicht: 9. Apr 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 9. Apr 2024

Ein neuer Drohnenangriff auf das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja hat nach Angaben der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) das Risiko eines "schweren nuklearen Unfalls" erhöht. Die Anlage, die sich im ukrainischen Kriegsgebiet befindet, wurde bereits kurz nach Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 von russischen Kräften eingenommen und seitdem besetzt gehalten. Die größte Nuklearanlage Europas hat sechs Reaktoren und steht seither im Fokus internationaler Sicherheitsbedenken.

IAEA-Direktor Rafael Grossi bezeichnete den Drohnenangriff vom Sonntag als "rücksichtslos" und als "eine große Eskalation der nuklearen Sicherheitsrisiken". Trotz der Einstellung der Stromerzeugung im Jahr 2022 benötigt das Kraftwerk zur Kühlung eines seiner Reaktoren, der sich im Zustand der "heißen Konservierung" befindet, eine konstante Stromversorgung.

Der englischsprachige Terminus "hot conservation" bedeutet, dass das AKW nicht vollständig abgeschaltet wird. Nach IAEA-Angaben befindet sich ein Team von Experten vor Ort; sie bestätigten "physische Auswirkungen von Drohnenangriffen" auf die Anlage, einschließlich eines Reaktors.

Die von Russland eingesetzte Verwaltung des Kraftwerks gab bekannt, dass die Strahlungswerte normal seien und es zu keinem ernsthaften Schaden gekommen sei. Die IAEA hingegen warnte, dass der Vorfall die Integrität des Reaktorsicherheitssystems des Reaktors gefährden könnte, auch wenn die nukleare Sicherheit bisher nicht beeinträchtigt wurde.

Russland beschuldigte die Ukraine, hinter dem Angriff zu stecken, der drei Personen verletzt haben soll. Die Ukraine verneinte jedoch jegliche Beteiligung. Andrij Yusov, Sprecher der Hauptdirektion der Geheimdienste der Ukraine, wies im Gespräch mit der Nachrichtenwebsite Ukrainska Pravda die Anschuldigung zurück: Die Ukraine sei nicht in bewaffnete Auseinandersetzungen auf dem Gelände verwickelt.