E-Zigarette nicht gesünder als herkömmliche Glimmstängel

Philipp Morris setzt auf Lobbyarbeit und vernebelt Kritik 
Veröffentlicht: 8. Jul 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 8. Jul 2024

Shiro Konuma war zuerst Arzt, dann Diplomat. Während zweier Jahrzehnte bekämpfte er Malaria, Ebola und Aids, bis er zu Philip Morris wechselte. Ab 2019 arbeitete er als Direktor für medizinische und wissenschaftliche Angelegenheiten beim japanischen Ableger von Philip Morris. Philip Morris hat eine «rauchfreie» Vision entwickelt, diese heisst: Iqos. Philip Morris vermarktet die E-Zigarette als gesündere Alternative zum Rauchen. 

Konuma merkte schnell, dass der Konzern Zahlungen an Eliteuniversitäten leistete, um wissenschaftliche Argumente für Iqos zu sammeln. Er äusserte Bedenken in der Chefetage. Er wurde entlassen, seine Anschuldigungen seien unbegründet. Konuma stritt mit dem Konzern und konnte Jahre später auf eine Studie verwiesen, die zu dem Schluss kam, dass «keine durchgängig geringeren Schadenrisiken» beim Konsum von Iqos gegenüber herkömmlichen Zigaretten bestehe. Verschiedene Wissenschaftler bestätigen, dass es keine unabhängige Studie gebe, die eine geringere Schädlichkeit belegen würde. Auf INFOsperber ist zu lesen, dass sogar  Philip Morris selbst gegenüber der US-amerikanischen Food-and-Drug-Administration (FDA) in einem Geheimpapier einräumte: «Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Umstieg auf das Iqos-System das Risiko, tabakbedingte Krankheiten zu entwickeln, im Vergleich zum Rauchen von Zigaretten verringert.» 

Philip Morris versucht, auf vielen Kanälen Lobbyarbeit zu leisten, u.a. durch Kontakte zu Universitäten und Forschung. So wurde der Tokioter Uniprofessor Hiromichi Kimura von 2015 bis 2019 mit jährlich 300’000 Dollar von Philip Morris unterstützt. Der eine Auftrag von Philip Morris: Lobbyarbeit – mit dem Ziel, niedrige Steuersätze für Iqos in Japan zu erwirken. Der andere Auftrag: In seinem Institut einen Philip-Morris-Angestellten anzustellen, damit dieser «Forschungsergebnisse» mit dem Gütesiegel einer Spitzenuniversität veröffentlichen konnte. Ausserdem versucht Philip Morris, Einfluss auf Mediziner verschiedener Fachrichtungen zu nehmen – auch Fachärzte für Psychiatrie und Schmerztherapie. Und auf Politiker – mit dem Ziel, eine steuerliche Vorzugsbehandlung zu erreichen. Politiker sollen beispielsweise darauf hinwirken, dass Iqos vom Rauchverbot in Innenräumen ausgenommen würde, da es sich nicht negativ auf die Luftqualität der Innenräume auswirke. Eine unabhängige Studie kam zum gegenteiligen Schluss: Es werden «erhebliche Mengen» krebserregender Partikel freigesetzt. Trotzdem gibt es in Japan nun Ausnahmen für die Verwendung erhitzter Tabakprodukte in Innenräumen. 

Philip-Morris-Chef Jacek Olczak schwärmt von seinem neuen Produkt und sieht Japan als Vorbild: «Schauen Sie sich Japan an, wo nur fünf Jahre nach der Einführung von erhitzten Tabakprodukten im Jahr 2014 unabhängige Studien einen noch nie dagewesenen Rückgang der Zigarettenverkäufe in diesem Land zeigten.» Es sei an der Zeit, dass andere Länder diesem Beispiel folgen. 


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