Fehlanzeige: Corona- Aufarbeitung in Deutschland 

Corona war Zäsur des Vertrauens bei den Menschen
Veröffentlicht: 11. Sep 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 11. Sep 2024

Noch vor einem halben Jahr überschlugen sich die politischen Willensbekundungen der deutschen Politiker zur Corona-Aufarbeitung. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass etwas verborgen bleibt“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im März.

Sechs Monate später ist kaum etwas passiert, schreibt Kaja Klapsa auf WELT. Die Fraktionen können sich nicht auf ein Format zur Aufarbeitung einigen, die FDP will eine Enquete-Kommission, die SPD bevorzugt Bürgerräte: Nur wenige scheint es zu stören, dass es nicht vorangeht. Offenbar besteht die Hoffnung, dass das Kapitel beendet sei. Dass die Menschen das Coronavirus und die Pandemie wieder vergessen hätten, auch angesichts anderer Probleme im Land. Aber Corona, das wurde diesen Sommer besonders deutlich, ist nicht vergessen. Ganz im Gegenteil: In den Wahlkämpfen in Sachsen und Thüringen war die Pandemie so omnipräsent, als läge der letzte Lockdown erst wenige Wochen zurück. 

Die beiden Parteien BSW und AfD haben erkannt, dass die Corona-Pandemie für viele Menschen nicht nur eine harte Zeit war, sondern eine Zäsur. Ein Kipppunkt des Vertrauens in Staat, Medien, Wissenschaft, Gesellschaft. Eine Enttäuschung, die insbesondere in Ostdeutschland so tief sitzt, dass sie kaum mehr geheilt werden kann. So bleibt am Ende die Frage, ob Deutschland noch krisenfähig ist. Kommt die nächste Pandemie, eine kriegerische Auseinandersetzung oder ein groß angelegter Cyberangriff, dürfte es den politisch Verantwortlich schwerfallen, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Auch deswegen ist es wichtig, dass die Bundesregierung die Aufarbeitung zur politischen Priorität macht – bevor es andere tun.


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