Gaza: Die Ironie des Deals
Seit Beginn des Gaza-Krieges mahnt der israelische Friedensaktivist und erfahrene Unterhändler Gershon Baskin, dass dieser Krieg der letzte sein muss. Seine Gedanken zum Waffenstillstandsdeal und was die israelische Regierung jetzt tun muss, um endlich Frieden zu haben.
Seit dem 7. Oktober wussten wir, dass wir mit der Hamas verhandeln mussten, um alle Geiseln freizubekommen. Aber das erste und wichtigste Ziel der israelischen Regierung seit jenem schrecklichen Samstag war es, die Hamas all ihrer militärischen und staatlichen Kompetenzen zu berauben. Wir wussten, dass die Armee und der Shin Bet (israelischer Inlandgeheimdienst) vielleicht in der Lage sein würden, einige der Geiseln zu retten, aber nicht alle.
Wir sagten, dass es keine Chance für eine weitere Operation wie in Entebbe gäbe und dass wir uns schliesslich mit der Hamas einigen müssten. In unserer surrealen Realität und in direktem Widerspruch zu den Kriegszielen Israels müssen wir, wenn wir die verbleibenden 94 Geiseln zurückbringen wollen, sicherstellen, dass die Hamas die Kontrolle über Gaza behält, zumindest bis die letzte Geisel freigelassen wurde.
Meiner Meinung nach sollte die israelische Regierung angesichts dieser unerträglichen Situation Folgendes tun:Wir müssen Druck auf die Amerikaner ausüben, damit sie Druck auf Katar und Ägypten ausüben, damit die Hamas einer Verkürzung der Frist für die Umsetzung des derzeitigen Abkommens zustimmt. Das Abkommen, das die Frist um zwei bis drei Monate verlängert, ist ein schlechtes Abkommen und hat negative Auswirkungen auf die Überlebenschancen der noch lebenden Geiseln. Um die Umsetzungsfrist zu verkürzen, muss Israel einem Ende des Krieges zustimmen, denn die Hamas wird nur zustimmen, wenn dies ein Ende des Krieges und einen vollständigen Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem gesamten Gazastreifen bedeutet.
Gleichzeitig muss Israel gemeinsam mit den Amerikanern und in Absprache mit Jordanien, Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Bahrain, Marokko und natürlich Saudi-Arabien Druck auf Mahmoud Abbas ausüben, damit er eine unabhängige Person zum Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde ernennt, eine Person, die nicht korrupt ist, die moralisch und praktisch gegen Gewalt und bewaffneten Kampf ist und die bereit ist, Gaza zu einem Wiederaufbau zu führen, der den Palästinensern ein Leben in Würde ermöglicht. Mahmoud Abbas und die Palästinensische Autonomiebehörde können Gaza nicht kontrollieren, sie haben ja kaum Kontrolle über das Westjordanland. Am besten wäre es, wenn Abbas zurücktreten würde – er könnte bis zu seinem Tod Präsident bleiben, aber die Regierungsgewalt würde einer würdigen palästinensischen Person übertragen, die für das palästinensische Volk akzeptabel ist.
Auch wenn dies nicht möglich ist, wäre es gut, wenn es in Gaza eine Übergangsregierung gäbe, die rechtlich mit der Palästinensischen Autonomiebehörde verbunden, aber faktisch von ihr unabhängig wäre, und zwar für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren, bis die Palästinenser Wahlen für eine neue Regierung für die Westbank, Gaza und Ost-Jerusalem abhalten können. Die Übergangsregierung in Gaza wäre eine Nicht-Hamas-Regierung und würde den Beginn des Wiederaufbaus von Gaza leiten. Der wichtigste Schlüssel zu all dem ist das Verständnis, dass die Beseitigung der Hamas, wie wir sie kennen, kein militärischer Akt ist – es ist ein diplomatischer und politischer Akt.
Der Kampf der Palästinenser gegen Israel wird erst enden, wenn die Palästinenser ihre Unabhängigkeit in einem palästinensischen Staat neben dem Staat Israel – hauptsächlich in den 1967 besetzten Gebieten – erreicht haben. Das mag für die meisten Israelis und vielleicht auch für die meisten Palästinenser wie eine Illusion klingen, aber das muss unsere wichtigste Lehre aus dem 7. Oktober sein. Dieser schreckliche Krieg wird nicht der letzte sein, bis die israelische Herrschaft über ein anderes Volk ein Ende hat. Sieben Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser, die zwischen dem Fluss und dem Meer im selben Gebiet leben, in dem auch sieben Millionen israelische Juden leben, können nicht in Frieden zusammenleben, solange eine Seite die volle Kontrolle und die vollen nationalen Rechte hat, während die andere Seite nicht die gleichen Rechte hat.
Wenn der US-Präsident Trump es ernst meint mit seiner Aussage, Kriege beenden zu wollen, dann wird er die Einsicht akzeptieren, dass die Zweistaatenlösung die einzige Lösung ist, die es beiden Völkern ermöglicht, ihre Identität territorial zum Ausdruck zu bringen. Es ist weniger wichtig, dass wir derzeit in Israel und Palästina keine Führer haben, die uns zum Frieden führen. Der amerikanische Druck durch den neuen Präsidenten wird den Wandel herbeiführen, den wir in Israel und Palästina brauchen. Und selbst wenn dies nicht geschieht, werden wir – das israelische und das palästinensische Volk – gezwungen sein, diese neuen Führer zu ernennen, denn wenn wir es nicht tun, wird das, was bisher war, auch unsere Zukunft sein – und das sollte für keinen von uns akzeptabel sein.
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