Das E-Bike und das grüne Gewissen
E-Bikes vielen Grünen nicht grün genug. Wirklich? Unser Autor hat getestet und gerechnet.
Im Juni fuhr ich drei Wochen mit einem 500-Watt-Motor im Hinterrad zur Arbeit: Um halb sieben aus dem Haus, 18 Kilometer beschwingtes Pedalen, um viertel nach im Büro. Mit dem Zug und zu Fuss brauche ich sonst eine Stunde. Einmal donnerblitzt und schüttet es abends. Ich packe mich wasserdicht ein, drücke aufs Knöpfchen und flute guter Dinge nach Hause.
Auf meinem Arbeitsweg von Hochdorf nach Luzern schluckt ein Auto mit sechs Litern Treibstoffverbrauch knapp 1,1 Liter. Mit dieser Menge fährt ein Elektrovelo fast 1100 Kilometer weit. Es braucht umgerechnet einen Deziliter Benzin pro 100 Kilometer. Velo und Elektrovelo sind daher die wirkungsvollsten Transportmittel.
Einverstanden, heisst es dazu beim Verkehrs-Club der Schweiz (VCS). Unter drei Bedingungen: Der Strom muss aus erneuerbaren Quellen stammen, die Rohstoffe für die Batterien müssen sozial- und umweltverträglich gewonnen und verarbeitet werden und Elektrovelos sollten benzinbetriebene Mobilität ersetzen. «Wenn jemand mit dem E-Bike statt dem Auto zur Arbeit fährt, ist dies zu begrüssen», sagt Mediensprecher Gerhard Tubandt. «Weniger sinnvoll ist hingegen, wenn das E-Bike aber bloss ein zusätzlicher Mobilitätsfaktor ist, wie ein Zweitwagen.»
Dieser Aussage pflichtet Bernhard Schneider von «Newride» bei, jenem Programm, mit dem Kantone und Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem Bund den Einsatz von Fahrzeugen fördern, die wenig Energie verbrauchen. Schneider wendet allerdings ein, es sei «wichtiger, das Velo wirklich einzusetzen, als die Frage, ob es einen Motor hat oder nicht.» Wer mit dem gewöhnlichen Velo pendelt und nachher warm duscht, braucht mehr Energie als jener, der dies mit Hilfsmotor tut, dafür im Anzug ins Büro pedalen kann. Und: Im Vergleich zum gesamten Verkehrsaufkommen und den Problemen rund um den motorisierten Individualverkehr ist der Mehrverkehr, den Elektrovelos verursachen, gering.
Genug Ökostrom vorhanden
Ungeachtet dessen: Der ab und an gehörte Vorwurf, die Elektrifizierung des Velos führe die Forderung nach der Energiewende ad absurdum, sticht nicht. Der Verkehr macht am gesamten Stromverbrauch in der Schweiz nur rund fünf Prozent aus. Wie viel «Pfuus» die Elektrovelos verbrauchen, hat Regina Bulgheroni von der «Arbeitsgruppe Ökostromvignette» ausgerechnet, einer Initiative von Interessenvertretern im Bereich Umweltschutz und Elektro-Mobilität. Seit 2007, als der Verkauf anzog, wurden in der Schweiz rund 230‘000 Elektrovelos verkauft. Wenn pro verkauftes Velo rund 5000 Kilometer jährlich zurückgelegt werden (eine hohe Annahme) und ein Velo 1 Kilowattstunde Strom auf 100 Kilometer verbraucht, ergibt dies einen jährlichen Verbrauch von 11,5 Gigawattstunden. Das sind etwa 0,1 Prozent des jährlich im AKW Leibstadt produzierten Stroms.
Ökostromvignette lösen
Trotzdem, wer mit Motor unterm Sattel pedaliert, kann dies nur dann guten Gewissens tun, wenn er oder sie auf grünen Strom setzt. Das geht zum Beispiel mit dem Kauf einer Ökostromvignette für hundert Franken im Jahr. Damit wird dafür gesorgt, dass für den entsprechenden Betrag Ökostrom produziert wird.
Doch selbst mit Kohlestrom schneidet ein Elektrovelo viel besser ab als ein Töffli oder ein herkömmliches Auto. Bernhard Schneider von «Newride» erklärt: «Die Fahrzeugherstellung fällt beim E-Bike besonders ins Gewicht. Ein Karbonvelo hat deshalb nicht unbedingt die bessere Ökobilanz.» Grund: Es braucht sehr viel Energie in der Herstellung.
Für Schneider sind Elektrovelos darum sinnvolle «Zweitwagen», weil sie die Luft nicht verdrecken. Denn bei Autos funktioniere der Katalysator erst richtig, wenn der Motor warm sei, was auf den oft kurzen Strecken zum Einkauf nicht erreicht werde. Sein Fazit: «Wenn das E-Bike ein Motorfahrzeug ersetzt, ist die Ökobilanz in jedem Fall ökologisch besser. Ersetzt es ein Velo, kommt es auf die Ökobilanz der Stromherstellung an.»
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Dominik Thali, www.velofahrer.ch
Der Autor dankt der Firma Biketec in Huttwil für das Testvelo, den Flyer «Vollblut». Quellen: www.oekostromvignette.ch, www.newride.ch, www.velosuisse.ch, www. swissolar.ch
Auf meinem Arbeitsweg von Hochdorf nach Luzern schluckt ein Auto mit sechs Litern Treibstoffverbrauch knapp 1,1 Liter. Mit dieser Menge fährt ein Elektrovelo fast 1100 Kilometer weit. Es braucht umgerechnet einen Deziliter Benzin pro 100 Kilometer. Velo und Elektrovelo sind daher die wirkungsvollsten Transportmittel.
Einverstanden, heisst es dazu beim Verkehrs-Club der Schweiz (VCS). Unter drei Bedingungen: Der Strom muss aus erneuerbaren Quellen stammen, die Rohstoffe für die Batterien müssen sozial- und umweltverträglich gewonnen und verarbeitet werden und Elektrovelos sollten benzinbetriebene Mobilität ersetzen. «Wenn jemand mit dem E-Bike statt dem Auto zur Arbeit fährt, ist dies zu begrüssen», sagt Mediensprecher Gerhard Tubandt. «Weniger sinnvoll ist hingegen, wenn das E-Bike aber bloss ein zusätzlicher Mobilitätsfaktor ist, wie ein Zweitwagen.»
Dieser Aussage pflichtet Bernhard Schneider von «Newride» bei, jenem Programm, mit dem Kantone und Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem Bund den Einsatz von Fahrzeugen fördern, die wenig Energie verbrauchen. Schneider wendet allerdings ein, es sei «wichtiger, das Velo wirklich einzusetzen, als die Frage, ob es einen Motor hat oder nicht.» Wer mit dem gewöhnlichen Velo pendelt und nachher warm duscht, braucht mehr Energie als jener, der dies mit Hilfsmotor tut, dafür im Anzug ins Büro pedalen kann. Und: Im Vergleich zum gesamten Verkehrsaufkommen und den Problemen rund um den motorisierten Individualverkehr ist der Mehrverkehr, den Elektrovelos verursachen, gering.
Genug Ökostrom vorhanden
Ungeachtet dessen: Der ab und an gehörte Vorwurf, die Elektrifizierung des Velos führe die Forderung nach der Energiewende ad absurdum, sticht nicht. Der Verkehr macht am gesamten Stromverbrauch in der Schweiz nur rund fünf Prozent aus. Wie viel «Pfuus» die Elektrovelos verbrauchen, hat Regina Bulgheroni von der «Arbeitsgruppe Ökostromvignette» ausgerechnet, einer Initiative von Interessenvertretern im Bereich Umweltschutz und Elektro-Mobilität. Seit 2007, als der Verkauf anzog, wurden in der Schweiz rund 230‘000 Elektrovelos verkauft. Wenn pro verkauftes Velo rund 5000 Kilometer jährlich zurückgelegt werden (eine hohe Annahme) und ein Velo 1 Kilowattstunde Strom auf 100 Kilometer verbraucht, ergibt dies einen jährlichen Verbrauch von 11,5 Gigawattstunden. Das sind etwa 0,1 Prozent des jährlich im AKW Leibstadt produzierten Stroms.
Ökostromvignette lösen
Trotzdem, wer mit Motor unterm Sattel pedaliert, kann dies nur dann guten Gewissens tun, wenn er oder sie auf grünen Strom setzt. Das geht zum Beispiel mit dem Kauf einer Ökostromvignette für hundert Franken im Jahr. Damit wird dafür gesorgt, dass für den entsprechenden Betrag Ökostrom produziert wird.
Doch selbst mit Kohlestrom schneidet ein Elektrovelo viel besser ab als ein Töffli oder ein herkömmliches Auto. Bernhard Schneider von «Newride» erklärt: «Die Fahrzeugherstellung fällt beim E-Bike besonders ins Gewicht. Ein Karbonvelo hat deshalb nicht unbedingt die bessere Ökobilanz.» Grund: Es braucht sehr viel Energie in der Herstellung.
Für Schneider sind Elektrovelos darum sinnvolle «Zweitwagen», weil sie die Luft nicht verdrecken. Denn bei Autos funktioniere der Katalysator erst richtig, wenn der Motor warm sei, was auf den oft kurzen Strecken zum Einkauf nicht erreicht werde. Sein Fazit: «Wenn das E-Bike ein Motorfahrzeug ersetzt, ist die Ökobilanz in jedem Fall ökologisch besser. Ersetzt es ein Velo, kommt es auf die Ökobilanz der Stromherstellung an.»
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Dominik Thali, www.velofahrer.ch
Der Autor dankt der Firma Biketec in Huttwil für das Testvelo, den Flyer «Vollblut». Quellen: www.oekostromvignette.ch, www.newride.ch, www.velosuisse.ch, www. swissolar.ch
09. Oktober 2014
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