Das Grundeinkommen, ein überzeugender Humbug
Die Promotoren des bedingungslosen Grundeinkommens meinen es vermutlich gut. Ich mache ihnen deshalb den Gefallen einer polemischen Kritik, die sie diskussionslos beiseite schieben können. Es wird eh nie realisiert werden. Aber es verdreht den an Reformen interessierten Menschen den Kopf, und das ist schade. Man könnte Gescheiteres denken und Nützlicheres tun, als dieser kapitalistischen Sozialromantik nachzuhängen.
Beim bedingungslosen Grundeinkommen werden sämtliche Sozialleistungen des Staates zusammengefasst und als Bürgergeld an alle Menschen ausgerichtet. Bezahlt wird es aus einer Mehrwertsteuer, die alle anderen Steuern ersetzt; die Steuerquote soll insgesamt gleich bleiben.
Hauptvertreter der Idee ist der Milliardär Götz Werner, Besitzer einer deutschen Kette von Drogeriemärkten und Finanzierer der Kampagne für das Grundeinkommen. Sein Hauptargument für das Grundeinkommen leuchtet ein, aber es ist falsch. Nach seiner Darstellung ist die Automatisierung der Hauptgrund für die steigende Arbeitslosigkeit. Und die Wirtschaft, deren Ziel es ja ist, Kosten zu senken und Arbeitsplätze abzubauen, werde nie genügend Arbeitsplätze für alle schaffen. Das ist, wie gesagt, überzeugender Humbug.
Als unverbesserlicher «terrible simplificateur» verrate ich Ihnen jetzt, warum die Arbeit verschwindet: Weil kein Geld da ist, sie zu bezahlen. Konkret: In der Schweiz ist die Zielvorgabe der Eigenkapitalrendite in den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich gestiegen, von fünf auf zehn und mittlerweile zwanzig Prozent. Zum Glück erreichen nicht alle Kapitalbesitzer solche Traum(a)renditen, denn schon bei durchschnittlich zehn Prozent könnte in der Schweiz kein Rappen Lohn mehr bezahlt werden. Immerhin: Die Kapitalrenditen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, sodass heute mehr Geld ohne Arbeit als mit Arbeit verdient wird. Die hochsignifikante Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit und Geldmarkt lässt sich übrigens über Jahrzehnte verfolgen und nachweisen.
Natürlich ist diese Argumentation in unserer komplizierten Welt nicht ganz wasserdicht. Natürlich spielt die Automation eine gewisse Rolle. Aber: Wenn der Produktivitätsgewinn der Automation nicht allein den Kapitalbesitzern gehörte, sondern den Arbeitenden, dann würden entweder die Löhne steigen oder die Arbeitszeiten sinken. Aber der Gewinn wandert ab in den Kapitalmarkt, wo er sich – bis jetzt wenigstens – schneller vermehrt als mit realer Arbeit.
Die Lösung des Problems wird deutlich, wenn man sich die Vorteile eines zinsfreien Geldsystems vorstellt: Die Preise würden um durchschnittlich einen Drittel sinken, dies hat die Geldexpertin Prof. Margrit Kennedy ausgerechnet. Durch den Wegfall des zerstörerischen Wettbewerbs jeder gegen jeden und die Rentabilität nachhaltiger Investitionen (z.B. Sonnenenergie, jetzt durch den Zins massiv behindert) ergibt sich nochmals eine Verbesserung der Effizienz unserer Wirtschaft. Wenn wir dann noch die Militärausgaben zusammenstreichen – weil wir der globalen Gier das Vehikel genommen haben – dann können wir per saldo mit 50 Prozent Arbeit denselben Lebensstandard geniessen wie heute, und ich meine wirklich geniessen.
So gesehen versteht man die Feststellung von Prof. Wolfgang Berger, dem Vorsitzenden der Initiative für eine natürliche Wirtschaftsordnung INWO in Deutschland: «Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist der einzige Weg, auf dem die kapitalistische Wirtschaft weiter funktionieren kann.» Klar: Wenn keine Arbeit mehr bezahlt werden kann, muss man den Menschen trotzdem etwas zum leben geben; sonst gibt es eine Revolution. Darum versteht man auch, warum konservative Politiker das Grundeinkommen unterstützen. Das herrschende System lässt sich damit länger konservieren.
Es gibt noch ein paar andere Gründe gegen das Grundeinkommen, und die seien der Vollständigkeit halber auch erwähnt. Der SP-Nationalrat Paul Rechsteiner etwa erinnert an die Eskimos, Indianer und Aborigines, die vom Staat ein bedingungsloses Existenzminimum erhalten. Die Folgen sind Perspektivlosigkeit und Alkoholismus. Dass das bedinglose Grundeinkommen zu mehr ehrenamtlicher Betätigung führt, wie von den Befürwortern prognostiziert, ist wohl reine Sozialromantik. Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen nämlich: Je länger einer arbeitslos ist, desto weniger betätigt er sich ehrenamtlich, kulturell oder politisch. Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus, der Vater der Mikrokredite, würde Arbeit für alle in jedem Fall dem Grundeinkommen für alle vorziehen. Und schliesslich: Das Grundeinkommen wurde, angeregt durch den neoliberalen Übervater Milton Friedman, in 60er und 70er Jahren während eines mehrjährigen Versuchs in vier Regionen der USA getestet. Resultat: Entgegen den Erwartungen reduzierten die beteiligten Personen ihren Arbeitseinsatz. Aber: Wenn weniger geleistet wird, gibt es auch weniger zu verteilen.
Beim bedingungslosen Grundeinkommen werden sämtliche Sozialleistungen des Staates zusammengefasst und als Bürgergeld an alle Menschen ausgerichtet. Bezahlt wird es aus einer Mehrwertsteuer, die alle anderen Steuern ersetzt; die Steuerquote soll insgesamt gleich bleiben.
Hauptvertreter der Idee ist der Milliardär Götz Werner, Besitzer einer deutschen Kette von Drogeriemärkten und Finanzierer der Kampagne für das Grundeinkommen. Sein Hauptargument für das Grundeinkommen leuchtet ein, aber es ist falsch. Nach seiner Darstellung ist die Automatisierung der Hauptgrund für die steigende Arbeitslosigkeit. Und die Wirtschaft, deren Ziel es ja ist, Kosten zu senken und Arbeitsplätze abzubauen, werde nie genügend Arbeitsplätze für alle schaffen. Das ist, wie gesagt, überzeugender Humbug.
Als unverbesserlicher «terrible simplificateur» verrate ich Ihnen jetzt, warum die Arbeit verschwindet: Weil kein Geld da ist, sie zu bezahlen. Konkret: In der Schweiz ist die Zielvorgabe der Eigenkapitalrendite in den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich gestiegen, von fünf auf zehn und mittlerweile zwanzig Prozent. Zum Glück erreichen nicht alle Kapitalbesitzer solche Traum(a)renditen, denn schon bei durchschnittlich zehn Prozent könnte in der Schweiz kein Rappen Lohn mehr bezahlt werden. Immerhin: Die Kapitalrenditen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, sodass heute mehr Geld ohne Arbeit als mit Arbeit verdient wird. Die hochsignifikante Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit und Geldmarkt lässt sich übrigens über Jahrzehnte verfolgen und nachweisen.
Natürlich ist diese Argumentation in unserer komplizierten Welt nicht ganz wasserdicht. Natürlich spielt die Automation eine gewisse Rolle. Aber: Wenn der Produktivitätsgewinn der Automation nicht allein den Kapitalbesitzern gehörte, sondern den Arbeitenden, dann würden entweder die Löhne steigen oder die Arbeitszeiten sinken. Aber der Gewinn wandert ab in den Kapitalmarkt, wo er sich – bis jetzt wenigstens – schneller vermehrt als mit realer Arbeit.
Die Lösung des Problems wird deutlich, wenn man sich die Vorteile eines zinsfreien Geldsystems vorstellt: Die Preise würden um durchschnittlich einen Drittel sinken, dies hat die Geldexpertin Prof. Margrit Kennedy ausgerechnet. Durch den Wegfall des zerstörerischen Wettbewerbs jeder gegen jeden und die Rentabilität nachhaltiger Investitionen (z.B. Sonnenenergie, jetzt durch den Zins massiv behindert) ergibt sich nochmals eine Verbesserung der Effizienz unserer Wirtschaft. Wenn wir dann noch die Militärausgaben zusammenstreichen – weil wir der globalen Gier das Vehikel genommen haben – dann können wir per saldo mit 50 Prozent Arbeit denselben Lebensstandard geniessen wie heute, und ich meine wirklich geniessen.
So gesehen versteht man die Feststellung von Prof. Wolfgang Berger, dem Vorsitzenden der Initiative für eine natürliche Wirtschaftsordnung INWO in Deutschland: «Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist der einzige Weg, auf dem die kapitalistische Wirtschaft weiter funktionieren kann.» Klar: Wenn keine Arbeit mehr bezahlt werden kann, muss man den Menschen trotzdem etwas zum leben geben; sonst gibt es eine Revolution. Darum versteht man auch, warum konservative Politiker das Grundeinkommen unterstützen. Das herrschende System lässt sich damit länger konservieren.
Es gibt noch ein paar andere Gründe gegen das Grundeinkommen, und die seien der Vollständigkeit halber auch erwähnt. Der SP-Nationalrat Paul Rechsteiner etwa erinnert an die Eskimos, Indianer und Aborigines, die vom Staat ein bedingungsloses Existenzminimum erhalten. Die Folgen sind Perspektivlosigkeit und Alkoholismus. Dass das bedinglose Grundeinkommen zu mehr ehrenamtlicher Betätigung führt, wie von den Befürwortern prognostiziert, ist wohl reine Sozialromantik. Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen nämlich: Je länger einer arbeitslos ist, desto weniger betätigt er sich ehrenamtlich, kulturell oder politisch. Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus, der Vater der Mikrokredite, würde Arbeit für alle in jedem Fall dem Grundeinkommen für alle vorziehen. Und schliesslich: Das Grundeinkommen wurde, angeregt durch den neoliberalen Übervater Milton Friedman, in 60er und 70er Jahren während eines mehrjährigen Versuchs in vier Regionen der USA getestet. Resultat: Entgegen den Erwartungen reduzierten die beteiligten Personen ihren Arbeitseinsatz. Aber: Wenn weniger geleistet wird, gibt es auch weniger zu verteilen.
01. Mai 2008
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