Die mit der Wildente im Kragen

Zwei 30-jährige Unternehmer aus dem Rheintal haben eine Marktlücke entdeckt. Sie lassen klassische Hemden ökologisch und fair produzieren. Und verschwenden nicht eine überrissene Marge an Werbung und Aktionäre.
Kaderschmiede? Managerbrutstätte? Die Hochschule St. Gallen HSG hatte lange diesen Ruf, aber René Grünenfelder winkt ab. Die HSG bietet längst auch Kurse in Ökologie und Nachhaltigkeit an. Er hat dort Internationale Beziehungen studiert, Ökologie und Nachhaltigkeit waren genau seine Kragenweite. Nicht als Lippenbekenntnis, sondern in eigener Verantwortung. In Gesprächen mit seinem Kommilitonen Michael Zaech, auch er ein Rheintaler, entstand eine gemeinsame Idee und nach dem Studium aus der Idee ein Start-up.

Carpasus stellt das her, was fast jeder Mann trägt: Hemden. Nicht Sporthemden, nicht Polo-Shirts oder Hawaii-Hemden – stilvolle Hemden. Solche gab es bisher nicht aus nachhaltiger Produktion. Grünenfelder und Zaech wussten, unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen Baumwolle angebaut und daraus Kleider gefertigt werden. Sie wollten handeln. «Wir wissen kaum mehr, woher unsere Güter kommen», sagt Grünenfelder. «Sich über die Herkunft unserer Kleider bewusst zu sein, hat viel mit Wertschätzung zu tun.»
Seit zwei Jahren ist Carpasus unterwegs. «Es ist immer noch Knochenarbeit», so Grünenfelder, «der Markt ist sehr kompetitiv». Die Jungunternehmer haben sich Wissen angeeignet, mussten ihre Idee nach aussen tragen und Partner finden, die ihre Grundsätze unterstützen. «Wir sind zu jedem Partnerbetrieb gereist und haben die Menschen hinter jedem Herstellungsschritt kennengelernt.» Die Baumwollbauern in Indien, die Arbeiter an den Spinnmaschinen, die Arbeiterinnen in den Webereien und Nähereien. «Transparenz ist uns enorm wichtig.» Also legt das Duo alles auf seiner Website offen. «Wir erzählen die ganze Geschichte hinter Ihren Hemden», steht beim Stichwort Transparenz. Mit dem eingenähten Code lässt sich gar der Herstellungsweg verfolgen. Ökologischer Anbau, faire Löhne, Abnahmegarantie für die Bauern – das ist Grünenfelder und Zaech wichtig.

«Die Kunden sind an Marken gewohnt», sagt Grünenfelder über die klassischen Herrenausstatter. «Wir wollen ein Sinnbild werden für ökologische Produktion von Herrenbekleidung.» Ausgewählte Geschäfte verkaufen die Carpasus-Hemden, zu denen sich inzwischen Socken und Accessoires gesellt haben. Den break-even point haben die zwei noch nicht erreicht, und sie gehen nebenbei einer üblichen Lohnarbeit nach. So arbeitet Grünenfelder in der Firma, die sein Grossvater gegründet hat. Und hat Zeit, für seine Band Lieder zu schreiben.
Auf die erste Kollektion sollen weitere folgen: neue Designs, etwas frechere Farben, aber «verzetteln» wollen sie sich nicht. Ob dereinst auch Hosen und Anzüge unter dem Namen segeln, darüber zerbrechen sich die Unternehmer noch nicht den Kopf. Die aufgestickte Wildente wird bleiben, das Carpasus-Kennzeichen.

www.carpasus.com
08. Juni 2017
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