Während man von den baltischen Staaten und Polen im Ukraine-Konflikt viel hört, sind die Länder an der Südfront hingegen sehr verhalten. Ein Forum über Frieden und Neutralität in Chisinau (Moldawien) war Anlass für den Genfer Journalisten und Politiker Guy Mettan Moldawien, Rumänien und Bulgarien zu besuchen.
Er schreibt:
«Das Mindeste, was man sagen kann, ist, dass ich mit gemischten Gefühlen zurückkehrte und sogar ziemlich überwältigt war von dem Klima der Verzagtheit, in dem die Menschen in diesen Ländern zu stecken scheinen.
Eingeschlossen, ohne natürliche Ressourcen, hauptsächlich von seiner Landwirtschafts- und Weinproduktion lebend, eingeklemmt zwischen den großen Nachbarn Rumänien und Ukraine einerseits und hin- und hergerissen zwischen diesen Giganten, der Europäischen Union und Russland, andererseits, ist Moldawien mit seinen drei kleinen Millionen Einwohnern zweifellos das am schlechtesten gestellte Land der drei. Aber die Moldauer ist daran gewöhnt und stören sich nicht allzu sehr daran. Sie wissen, dass die Geschichte und die Geografie sie an den falschen Ort gebracht haben. Wie ein Berater der pro-europäischen Präsidentin Maya Sandu bemerkt, «ist es erst das zweite Mal in tausend Jahren, dass wir drei aufeinanderfolgende Jahrzehnte der Unabhängigkeit und des Friedens erleben». Zwischen Mongolen, Türken, Polen, Kosaken, Russen, Rumänen oder Deutschen hat Moldawien eine Invasion, Unterdrückung, Deportation und Kriege zwischen Nachbarn in Serie erlebt.
Das Land ist politisch und geopolitisch tief gespalten. Drei Lager stehen sich gegenüber: die derzeit regierenden pro-europäischen Atlantiker von Maya Sandu, die als pro-russisch geltenden Sozialisten des ehemaligen Präsidenten Igor Dodon und die konservative, aber ebenfalls pro-russische Partei «Gleichheit», die vom nach Israel geflüchteten Oligarchen Ihor Shor gegründet wurde und seit mehreren Monaten regierungsfeindliche Demonstrationen vor dem Parlament organisiert. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass 43% der Bevölkerung ausschließlich auf Russisch über ihr Handy kommunizieren. Der Berater fragt sich ironisch: «Wie können wir eine Mehrheit finden, die pro-moldauisch stimmt?»