Eine ausgezeichnete Analyse des chinesischen Friedensplans
China wird sich mit seinem Friedensplan von ukrainischen Befindlichkeiten nicht aufhalten lassen, schreibt Oberstlt. i Gst aD Ralph Bosshard

Im chinesischen Außenministerium versteht man offenbar, dass die Ursachen des aktuellen Kriegs in der Ukraine zu komplex sind, als dass sie sich rasch durch ein Friedensabkommen lösen ließen.

Durch den jahrelangen Krieg entstanden in den vergangenen neun Jahren zudem weitere Probleme. Die Forderung nach einem umfassenden Waffenstillstandsabkommen ist im Vergleich dazu erheblich realistischer.

Natürlich wurde sofort der Vorwurf laut, Russland würde einen Waffenstillstand nur ausnutzen, um seine militärische Position zu verbessern. Die Ukrainer und ihre europäischen Verbündeten kennen sich in solchen Vorgehensweisen aber auch aus: Zumindest sind Vorwürfe, Frankreich, Deutschland und die Ukraine hätten die Minsker Abkommen nur geschlossen, um Zeit für die Vorbereitung einer militärischen Lösung des Konflikts zu gewinnen, bislang nicht überzeugend ausgeräumt.

Den von Peking geforderten direkten Dialog zwischen der Ukraine und Russland lehnte bislang vor allem die Ukraine ab. Mit der entsprechenden Forderung im Punkt 3 des chinesischen Vorschlags macht Peking auch gleich klar, wem es im Friedensprozess keine Rolle zubilligt, nämlich dem kollektiven Westen.

Das hat der ukrainische Präsident Zelensky offenbar rasch verstanden und er erklärte sofort seine Bereitschaft zu Gesprächen mit dem starken Mann Chinas, Präsident Xi Jinping.

Indem China im Absatz 8 seines Vorschlags seine Ablehnung der Drohung mit Kernwaffeneinsatz mit seiner Opposition gegen die Entwicklung von biologischen und chemischen Waffen verbindet, zeigt es, dass es sich auch hier nicht von einer der Seiten einseitig vereinnahmen lassen wird.

Die Ablehnung unilateraler Sanktionen im Absatz 10 ist als ganz klare Kritik am kollektiven Westen zu interpretieren und stellt gleichzeitig eine bittere Pille für die Ukraine dar, die mangels anderer Handlungsoptionen am liebsten auf lange Frist möglichst scharfe Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten möchte.

Die Ukraine hat aber weder derzeit noch in absehbarer Zukunft das politische und wirtschaftliche Gewicht, um andere Staaten hierzu zu motivieren, geschweige denn, sie dazu zu zwingen.

Die reflexartig geäußerte Ablehnung des chinesischen, angeblich fragwürdigen Friedensplans wird wohl rasch einer realistischeren Beurteilung Platz machen müssen. US-Außenminister Blinken bereitet sich offenbar schon auf eine Ochsentour vor, die ihn in mehrere Staaten Asiens führen wird, wo er um Unterstützung zugunsten eigener Pläne buhlen muss.

Man wird den Amerikanern und Europäern wohl den Preis für eine politische Unterstützung machen. Als reiche Onkels mit dem gut gefüllten Checkbuch werden die Außenpolitiker aus dem Westen nicht mehr auftreten können: Diese Zeiten sind vorbei. Nun treten sie in der Rolle des lästigen Bittstellers auf.

Andererseits ist Peking offenbar auch bereit, militärisch Druck aufzusetzen, um seinem Friedensplan zum Durchbruch zu verhelfen, wie die diversen Spekulationen um die Lieferung von Drohnen und Munition an Russland zeigen. Fragwürdig oder nicht: Peking wird seinem Friedensplan, der seinen Interessen dient, zum Erfolg verhelfen und ukrainische Befindlichkeiten werden es hierbei nicht aufhalten.

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