El Salvador ohne Banden und ohne Demokratie
Ein Leben ohne Banden ist eine grundlegende Veränderung im Leben Tausender Salvadorianer. Aber der Preis dafür ist sehr hoch, schreibt El Faro

Bilder des neuen Gefängnisses in Tecoluca, San Vicente, gingen um die Welt. Seine Kapazität verdoppelte Nayib Bukele auf 40.000. Der Präsident von El Salvador verhängte am 27. März 2022 den Ausnahmezustand. Grund dafür sei die eskalierende Bandengewalt und einer extrem angestiegenen Mordrate. Verfassungsmäßige Rechte wie freie Meinungsäußerung, Briefgeheimnis (auch für digitale Kommunikation), Versammlungsfreiheit, Verteidigung im Fall einer Verhaftung wurden ‒ zunächst für 30 Tage ‒ aufgehoben. Der Ausnahmezustand wird seitdem immer wieder verlängert und dauert an. 63.000 Personen sind festgenommen worden, das entspricht einem Prozent der Bevölkerung. Die sichtbare Abwesenheit von Bandenstrukturen in vielen Gemeinden El Salvadors ist die gute Nachricht für alle Salvadorianer, sie haben das ganze Leben kontrolliert. 100.000de Menschen sind tot Toten oder verschwunden. Auf einmal können Menschen wieder ohne Waffe am Kopf die Strasse überqueren, mit Nachbarn reden, ihr Leben leben. Der Preis dafür ist aber hoch. 

El Faro: «Jetzt hat El Salvador die Macht an eine einzige Person übergeben, die bereits das gesamte System manipuliert und weder Kontrollmechanismen noch einer Rechenschaftspflicht unterliegt. Die Ursachen für die Entstehung der Banden sind alle noch vorhanden und die Repression ist keine nachhaltige Lösung. Die `Säuberung´ der betroffenen Gemeinden wurde von der Armee und der Polizei durchgeführt, während eines Ausnahmezustands, der es ihnen erlaubte, zu Staatsanwälten und Richtern zu werden und jeden Bürger, der ihnen verdächtig erschien, ohne Haftbefehl festzunehmen. Tausende Unschuldige werden nach wie vor zu Unrecht in überfüllten Gefängnissen festgehalten, Dutzende sind in Haft gestorben. Das Heilmittel könnte sich als ebenso schädlich herausstellen wie die Krankheit.»