Die dänische Insel Bornholm soll zur «Energieinsel» werden
Völliger Umbau: «So ein Energiehafen braucht Platz!» 

Die Insel Bornholm will bis 2030 die erste Energieinsel der Welt werden. Strom für mehrere Millionen Haushalte und grüner Wasserstoff sollen produziert werden. Hauptabnehmer soll via Vorpommern Deutschland werden. 

Stefan Lindberg ist auf Bornholm aufgewachsen, liess sich 2007 in Stralsund nieder und wurde Unternehmer. Er arbeitet an der «Grünen Umstellung», wie es im Dänischen heißt. Seine Firma Task Engineering war einer der Zulieferer der MV Werften. Die Pleite des Schiffbauers hat ihn hart getroffen und auch Geld gekostet. Seitdem setzt er auf «Erneuerbare Energien» – und da kommt seine alte Heimat ins Spiel. Vor zwei Jahren hat die dänische Regierung beschlossen, Bornholm zur ersten Energieinsel der Welt zu machen. Der ehemalige dänische Umweltminister und frisch gebackene EU-Energiekommissar Dan Jørgensen bezeichnet das Projekt auch als «die dänische Version der Mondlandung». Die kann nur mit Hilfe der Nachbarn gelingen, glaubt Lindberg.

Auf einer Informationsreise mit Wissenschaftlern, Windenergieunternehmen und Verwaltungspersonal von Sassnitz/Mukran nach Rønne auf Bornholm wird der Wandel bereits sichtbar. Zwei Windparks passiert die Fähre «Hammershus». Für die geplante Energieinsel sollen drei weitere hinzukommen. Geplante Leistung: zwischen 3,2 und 3,8 Gigawatt. Das reicht, um über drei Millionen Haushalte mit Strom zu versorgen. Dabei hat Bornholm nur knapp 40.000 Einwohner und ähnliche Probleme wie Rügen: sinkende Wirtschaftsleistung, alternde Bevölkerung und eine einseitige Abhängigkeit vom saisonalen Tourismus. Der Berufsfischerei Verband der Bornholmer hat sich in diesem Frühjahr aufgelöst, nach 141 Jahren, weil Dorsch und Hering dauerhaft weg sind.

Das Hafenbecken in Rønne wird bereits auf elf Meter vertieft. Eine neue Aussenmole und zwei neue Kais sind entstanden und dafür der Fischereihafen verschwunden. Stefan Lindberg beobachtet die Bauarbeiten vom Deck der Fähre aus: «So ein Energiehafen braucht Platz. Die Schiffe sind viel grösser, die Windenergie-Anlagen und ihre Fundamente riesig. Der Umbau wird das Leben auf der Insel umkrempeln.» Umweltfreundlichen Schiffsbrennstoff wollen sie auch produzieren. Bornholm liegt direkt an einer der verkehrsreichsten Schifffahrtslinien, und von einer Schiffstankstelle versprechen sie sich gute Geschäfte. Aber noch fehlen die Flotten, die Methanol oder Ammoniak anstatt Schweröl verbrennen, was billiger ist.

Und so sieht die Bauplanung aus: Bauzeit: 2027 bis 2029, Investitionssumme: 5,2 Milliarden Euro, 900 neue Jobs sollen entstehen, mehr als 2.000 neue Inselbewohner kommen. Aber auch hier fehlen Fachkräfte und deshalb hoffen sie auf deutsche Zuwanderer. Die eigentliche Energieinsel wird aus drei Windparks vor der Südwestküste Bornholms bestehen und aus einem 111 Hektar großen Energieknoten an Land. Dort ist auch eine Power-to-X-Anlage geplant, die Windstrom in Wasserstoff umwandeln kann. Den meisten Platz brauchen aber Transformatoren und Gleichrichter. 

Gut 70 Prozent der erzeugten elektrischen Energie soll per Gleichstrom-Unterseekabel nach Deutschland geleitet werden. Und auch eine Wasserstoffpipeline ist geplant. Eine ganzjährige Fährverbindung zwischen Bornholm und Mecklenburg-Vorpommern wird auf alle Fälle benötigt, so Stefan Lindberg. Die Energieinsel Bornholm wird es 2030 nur mit Abnehmern auf deutscher Seite geben, denn Dänemark kann so viel grüne Energie gar nicht verbrauchen. Im Königreich liegt der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix schon heute bei über 80 Prozent.


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