Hat Scholz in China Friedensverhandlungen vorbereitet und entsteht eine neue Achse Berlin-Peking-Moskau?
Die Forderung der Nato an Scholz und was im Hintergrund tatsächlich stattgefunden haben könnte

Vorgeschichte:
Die DGAP, auf englisch «German Council on Foreign Relations», kann wie ihr Vorbild und Partnerorganisation, das «Council on Foreign Relations» in New York als wirtschaftspolitischer Arm der Nato verstanden werden. Was die DGAP sagt, entspricht den Zielen der Nato.

Guntram Wolff, Direktor der «Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik» (DGAP) hat Bundeskanzler Scholz am 30. Oktober in einem Artikel in der Financial Times gewissermassen Anweisungen für seine Reise nach China erteilt.

Wolff schrieb u.a.:

«Erstens muss [Scholz] eine klare Haltung zur Bedeutung von Sanktionen gegen Russland einnehmen. Jegliche Waffenhilfe oder materielle Unterstützung für Russland untergräbt die europäische Sicherheitsordnung, die wichtiger ist als wirtschaftliche Vorteile aus dem Handel. Pekings Unterstützung für Moskaus Krieg gegen die Ukraine war bisher sehr zurückhaltend. …  Bei seinem Treffen mit Xi muss sich Scholz darüber im Klaren sein, dass jede Änderung der Position zu einer Eskalation der geopolitischen Spannungen führen würde. …

Zweitens: Während deutsche Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher auf den Handel mit China angewiesen sind, verzerren massive staatliche Subventionen aus Peking die Wettbewerbsbedingungen. China macht den Technologietransfer zunehmend zur Bedingung für den Marktzugang und nutzt den Handel als politisches Zwangsmittel. … [Scholz] sollte sagen, dass Deutschland weiterhin die Entwicklung von Instrumenten wie dem EU-Mechanismus gegen wirtschaftliche Nötigung und dem Prüfsystem für russische und belarussische Investitionen unterstützen wird.

Die dritte Botschaft sollte sich an diejenigen richten, die mit Scholz nach Peking reisen. Deutsche Unternehmen können weiterhin mit China Handel treiben, aber kritische Abhängigkeiten müssen abgebaut werden. Das kann im Falle einer geopolitischen Konfrontation bedeuten, auf Gewinne zu verzichten.»

Etwas konzilianter formuliert und anders begründet, finden sich dieselben Forderungen in einem «Policy Brief» vom 3. November auf der eigenen Website der DGAP. Dort heisst es u.a., dass China wegen getrübter Wachstumsaussichten und «verzerrter» Statistiken ein zunehmend riskanter Wirtschaftspartner mit «politischen Kosten» sei.

Worum ging es bei Scholz’ Besuch in Peking tatsächlich?

Pepe Escobar, einer der kompetentesten geopolitischen Journalisten ausserhalb des Mainstreams schreibt:

«Solide Quellen aus der deutschen Wirtschaft widersprechen der ‹Botschaft› der ‹Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik› völlig.

Diesen Quellen zufolge ist die Scholz-Karawane nach Peking gereist, um im Wesentlichen die Schritte für ein Friedensabkommen mit Russland  vorzubereiten, mit China als privilegiertem Boten.

Das ist geopolitisch und geoökonomisch von grösstmöglicher Brisanz. Wie ich in einer meiner früheren Kolumnen dargelegt habe, unterhielten Berlin und Moskau über Geschäftspartner im Hintergrund einen geheimen Kommunikationskanal, bis zu dem Zeitpunkt, als die üblichen Verdächtigen in ihrer Verzweiflung beschlossen, Nord Stream zu sprengen.

Stichwort: die berühmt-berüchtigte SMS von Liz Truss' iPhone an Little Tony Blinken, eine Minute nach den Explosionen: ‹It’s done.›

Doch damit nicht genug: Die Scholz-Karawane versucht möglicherweise, einen langen und verschlungenen Prozess in Gang zu setzen, um die USA schließlich durch China als wichtigsten Verbündeten zu ersetzen. Man sollte nie vergessen, dass Deutschland (das Ruhrgebiet) der wichtigste BRI-Handels-/Verbindungspunkt der neuen Seidenstrasse (Belt and Road Initiative, BRI) in der EU ist.
Einer der Quellen zufolge ‹können sich Deutschland, China und Russland gemeinsam verbünden und die USA aus Europa vertreiben, wenn diese Bemühungen erfolgreich sind›.

Eine andere Quelle setzte dem Ganzen noch die Krone auf: ‹Olaf Scholz wird auf dieser Reise von deutschen Industriellen begleitet, die Deutschland tatsächlich kontrollieren und nicht tatenlos zusehen werden, wie sie zerstört werden.›

Moskau weiß sehr wohl, was das imperiale Ziel ist, wenn es darum geht, die EU auf die Rolle eines total beherrschten – und deindustrialisierten – Vasallen ohne jegliche Souveränität zu reduzieren. Die Kanäle im Hintergrund liegen schließlich nicht in Fetzen auf dem Grund der Ostsee.

Außerdem hat China nicht angedeutet, dass sein massiver Handel mit Deutschland und der EU vor dem Aus steht. Scholz selbst betonte einen Tag vor dem Eintreffen seiner Karawane in Peking gegenüber chinesischen Medien, dass Deutschland nicht die Absicht habe, sich von China abzukoppeln, und dass es nichts gebe, was ‹die Forderungen einiger, China zu isolieren›, rechtfertige.

Gleichzeitig sind sich Xi Jinping und das neue Politbüro der immer wieder bekräftigten Position des Kremls sehr wohl bewusst: Wir sind immer offen für Verhandlungen, solange Washington sich endlich entschließt, über das Ende der unbegrenzten, von Russophobie durchsetzten NATO-Erweiterung zu sprechen.

Zu verhandeln bedeutet, dass das Imperium das Dokument unterschreibt, das es am 1. Dezember 2021 von Moskau erhalten hat und in dem es um die ‹Unteilbarkeit der Sicherheit› geht. Ansonsten gibt es nichts zu verhandeln.
Und wenn der Pentagon-Lobbyist Lloyd ‹Raytheon› Austin den Ukrainern inoffiziell rät, auf Cherson vorzurücken, wird noch deutlicher, dass es nichts zu verhandeln gibt.

Könnte das alles also der Grundstein für den geopolitischen/geoökonomischen Korridor Berlin-Moskau-Peking durch Eurasien sein? Das würde bedeuten: Bye Bye Empire.»
Zitat Ende


Escobars Darstellung überzeugt nicht alle.

Hier eine Einschätzung von Tom Luongo, Herausgeber eines viel gelesenen Investment-Newsletters:

Pepe ist jemand, der seinen Zugang zu den Mächtigen übertrieben darstellt, um sich einen Anschein von Legitimität zu geben, die er eigentlich nicht hat.

Dieser jüngste Artikel von Pepe ist ein klassisches Beispiel für seine besondere Art von "Schizo-Posting", in dem er nichts von Interesse sagt, sondern ihn mit einer Menge Anspielungen ausschmückt und sich auf seinen "Ruf" beruft, um ihm einen Anschein von Seriosität zu verleihen, den er nicht verdient.

[Aber]:Nur weil ich oder Escobar oder irgendjemand anderes etwas sagt, bedeutet das nicht, dass es besonderes Gewicht hat. In gewisser Weise ist das der Grund, warum ich nicht mehr in Echtzeit blogge.

Glaube ich, dass die deutschen Industriellen wütend auf die Regierung Scholz/Habeck sind? Ja. Glaube ich, dass sie nicht wussten, was die ganze Zeit unter Merkel passiert ist? Nein, natürlich nicht.
Sie konnten die Zeichen an der Wand besser erkennen als jeder von uns, einschliesslich Escobar. Die Vorstellung, dass sie erst jetzt, zu diesem späten Zeitpunkt, ihre Macht wieder geltend machen, ist also äusserst lächerlich.

Ganzer Text von Luongo (nur mit Patreon-Abo)


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