Ein Mann und eine Frau ziehen zusammen. Sie arbeiten beide als Therapeuten und sind sehr verliebt. Sie planen die Zukunft, bekommen ein Kind, erwerben ein Haus und kaufen sich zwei grosse und edle Hunde. Sie bauen das Haus kreativ um, gestalten den Garten mit Bächlein und Kunst, leisten sich einen Anbau und eröffnen darin ihre Praxis. Eine Heilpraxis. Ein Therapieangebot, das auch für Paare mit Beziehungsproblemen gedacht ist. Der Mann und die Frau suchen nach einem klingenden Namen für ihre Praxis, schreiben den Namen auf eine Tafel, stellen sie an den Eingang, werben für Kunden und haben Erfolg.
Und die Leute spazieren vorbei, bewundern das schöne Haus, den schön gestalteten Garten und gönnen der Familie ihr Glück. Oder neiden es ihr.
Ich sehe das Paar gelegentlich unterwegs. Zusammen mit ihren Hunden geben sie ein gutaussehendes Bild ab. Doch dann, eines Tages kommt mir die Frau mit den Hunden entgegen – und einem anderen Mann. Wochen später treffe ich ihren Mann – zusammen mit einer anderen Frau. Bald darauf steht am Briefkastenschild bloss noch der Name der Frau. Und der Name des Kindes. Der Name des Mannes ist weg.
Auch das Praxisschild ändert sich. Nur noch sie, die Frau, ist erwähnt. Getrennte Wege, auch im Beruf. Und seit einigen Tagen steht vor dem Haus eine neue Tafel:
Zu verkaufen.
Und die Leute spazieren am Haus vorbei, zeigen einander das neue Schild, fragen sich, für welchen Preis das Haus wohl verkauft wird, und äussern ihr Bedauern darüber, dass auch diese Ehe so enden musste. Wirkten die beiden nicht immer so glücklich, wenn man sie antraf?
Der Mann und die Frau haben geglaubt an ihr Glück. Aber sie haben vielleicht – wie so viele von uns – etwas Falsches geglaubt. Und sie haben darauf gebaut. Doch ein Haus ist kein Baustein für Glück. Auch der Erfolg ist kein Baustein. Auch die schöne Gestaltung nicht. Auch das Bächlein im Garten nicht. Auch die Hunde nicht. Auch das stolze Praxisschild nicht. Selbst der Name der Praxis nicht, der so vieles versprochen hat. Und auch die Fähigkeit nicht, Eheprobleme von andern zu lösen.
Mit all diesen Dingen baut man kein Fundament. Damit schmückt man es.
Das Fundament selbst muss aus Liebe gebaut sein. Und die Liebe ist aus anderem Baumaterial. Könnte es sein, dass der Mann und die Frau dies vergassen? Vielleicht haben sie vor allem das Bild geliebt, das Bild ihres Glücks. Und zuwenig einander.