Keine Evolution ohne fliegende Fetzen
Der Krieg ist angeblich der Vater aller Dinge und dieser Vater war vermutlich mal ein «puer robustus», ein kräftiger Knabe. Dieter Thomâ, Professor der Philosophie an der Hochschule St. Gallen, nahm das Generationenspiel des englischen Staatstheoretikers Thomas Hobbes aus dem siebzehnten Jahrhundert zum Ausgangspunkt seiner aktuellen Betrachtungen.
In dem kürzlich erschienen Buch «Puer robustus – eine Philosophie des Störenfrieds» untersucht er den «heimlichen Hauptdarsteller der Moderne» und unterscheidet dabei vier Typen:
«Der erste Typ ist … der egozentrische Störenfried, der meint, seinen Nutzen ohne oder gegen die staatliche Ordnung maximieren zu können.»
Typ II wirkt vergleichsweise edler; er umfasst nach Thomâ auch etliche «politische Rebellen»; nämlich solche, die zwar noch nicht genau wissen, was sie wollen, aber immerhin schon mal unterwegs sind zu «einem anderen Ich».
Richtig gut werde es dann bei Typ III: Dieser hat «eine grössere gesellschaftliche Vision» und will eine «andere, bessere Ordnung durchsetzen». Das wiederum macht neugierig auf
Nr. IV. Ist er eine weitere Steigerung zum Guten? Leider nicht. Typ IV ist ein «abscheulicher Typus», sagt Thomâ, gar ein Faschist oder Islamist, der den evolutionären Sinn der Störung in ihr Gegenteil verkehre, gewissermassen eine «gestörte Störung». Die Störung selbst ist gestört. Er beruht auf einem Charakter, der «dem Selbstbild des Störenfrieds eigentlich zuwiderläuft: der unbedingte Gehorsam, das Aufgehen in der Masse, die Selbstpreisgabe für eine grosse Sache». Typ IV beendet jäh, was so hoffnungsvoll begann. Nicht mal im Rückblick erscheint er als Durchgangsphase eines sinnvollen Ganzen; er macht alles zunichte.
In einem Artikel der NZZ stellt Thomâ den IS-Islamismus an den Pranger – als eine, wie er sagt, besonders brutale Ausgabe von Puer IV –, lässt aber den ebenso brutalen US-Militarismus unerwähnt. Das wirkt, obwohl er auch Snowden lobend erwähnt, etwas einseitig. Was vielleicht auch ergänzt werden müsste, ist eine weitergehende Perspektive, die das Phänomen «puer robustus Typ IV» auf einer tieferen Ebene begreift: Ein Hinweis auf die tragischen Ursachen dafür, weshalb ein Mensch zurück in den Eierschrank möchte, statt den Weg der Freiheit zu gehen, für den er bestimmt ist.
Mehr aus dem Schwerpunktheft «schwarz | weiss» in Zeitpunkt 147
In dem kürzlich erschienen Buch «Puer robustus – eine Philosophie des Störenfrieds» untersucht er den «heimlichen Hauptdarsteller der Moderne» und unterscheidet dabei vier Typen:
«Der erste Typ ist … der egozentrische Störenfried, der meint, seinen Nutzen ohne oder gegen die staatliche Ordnung maximieren zu können.»
Typ II wirkt vergleichsweise edler; er umfasst nach Thomâ auch etliche «politische Rebellen»; nämlich solche, die zwar noch nicht genau wissen, was sie wollen, aber immerhin schon mal unterwegs sind zu «einem anderen Ich».
Richtig gut werde es dann bei Typ III: Dieser hat «eine grössere gesellschaftliche Vision» und will eine «andere, bessere Ordnung durchsetzen». Das wiederum macht neugierig auf
Nr. IV. Ist er eine weitere Steigerung zum Guten? Leider nicht. Typ IV ist ein «abscheulicher Typus», sagt Thomâ, gar ein Faschist oder Islamist, der den evolutionären Sinn der Störung in ihr Gegenteil verkehre, gewissermassen eine «gestörte Störung». Die Störung selbst ist gestört. Er beruht auf einem Charakter, der «dem Selbstbild des Störenfrieds eigentlich zuwiderläuft: der unbedingte Gehorsam, das Aufgehen in der Masse, die Selbstpreisgabe für eine grosse Sache». Typ IV beendet jäh, was so hoffnungsvoll begann. Nicht mal im Rückblick erscheint er als Durchgangsphase eines sinnvollen Ganzen; er macht alles zunichte.
In einem Artikel der NZZ stellt Thomâ den IS-Islamismus an den Pranger – als eine, wie er sagt, besonders brutale Ausgabe von Puer IV –, lässt aber den ebenso brutalen US-Militarismus unerwähnt. Das wirkt, obwohl er auch Snowden lobend erwähnt, etwas einseitig. Was vielleicht auch ergänzt werden müsste, ist eine weitergehende Perspektive, die das Phänomen «puer robustus Typ IV» auf einer tieferen Ebene begreift: Ein Hinweis auf die tragischen Ursachen dafür, weshalb ein Mensch zurück in den Eierschrank möchte, statt den Weg der Freiheit zu gehen, für den er bestimmt ist.
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