«Palim, palim» und Che Guevara
Corona verändert die Menschen, ohne Frage. Und es schafft offensichtlich Raum für ein neues Virus – das der Revolution.
Ein wirklicher Fan von Dieter «Didi» Hallervorden war ich bislang nie, das gestehe ich. Sein Humor war nicht der meine. Seine politische Haltung, die er oft in Comedy oder Sketchen durchschimmern liess, konnte ich akzeptieren, aber sie sprach mich nicht an. Zu stark geprägt war – aus meiner Sicht – sein Blick durch ein konsequentes neoliberales Angepasstsein. Nicht zuletzt machte er auch gar keinen Hehl aus seiner Sympathie für die FDP und unterstützte den Wahlkampf der Partei. Insofern war er immer ehrlich, was für ihn spricht.
Als er schliesslich vor fast zehn Jahren das Berliner Schlosspark Theater übernahm, rettete er damit eine alteingesessene Spielstätte vor weiterem Verfall und Abriss. Das freute mich als «alte Berlinerin», deren Herz für die Erinnerungsstücke der Stadt schlägt.
In den Folgejahren kam es vereinzelt zu Kritik an Hallervorden, unter anderem wegen Blackfacing in einem an «seinem» Theater inszenierten Stück.
Ein Sturm der Entrüstung gegen ihn entbrannte in jenem Augenblick, als er im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe – die hatten Prominente gebeten, die Durchsagen der U-Bahn-Stationen für die Fahrgäste einzusprechen – ausgerechnet an die Linie 2 geraten war. Diese Linie führt über die Station «Mohrenstrasse». Dafür konnte Hallervorden nichts. Die Strasse war bereits im Jahr 1707 so benamst worden.
Doch von den entsprechenden «Initiatianten und Aktivisten» bekam er eiligst den Stempel «Rassist» verpasst – fürs Ablesen eines jahrhundertealten Strassennamens vor einem Mikrofon. Wo in diesem Fall meine Sympathien zu verorten waren, muss ich nicht erläutern. Erstmals wähnte ich mich auf «seiner Seite».
Grundlegend geändert hat sich mein Blick auf dieses Urgestein deutschen Kabaretts jedoch erst vor ein paar Tagen, mit einem Schlag – Corona sei Dank! Während mehr und mehr Prominente sich von der Panikmache völlig vernebeln lassen, ist «Didi» ins Lager der Revolution gewechselt. Mit Forderungen, die weit über jene der angeblich im linken Lager angesiedelten Parteien hinausgehen. Er ruft unter anderem dazu auf, Sonderabgaben von den grossen Corona-Gewinnern wie Amazon, Facebook und Co. staatlich einzufordern.
Und er feuert sein Auditorium mit dem bekannten Satz des einstigen KPD-Führers Ernst Thälmann an: «Einen Finger kann man brechen, aber fünf Finger sind eine Faust!» Währenddessen ballt er demonstrativ seine eigene Hand kampfesmutig zur emporgestreckten Faust. Da wundert es kaum noch, dass er seinen Vortrag mit einem «Venceremos!» schliesst, nicht ohne sich dabei auf Che Guevara zu berufen.
Das alles wurde in einem Video festgehalten, das ich jedem ans Herz legen möchte. In sieben Mut machenden Minuten trägt Hallervorden darin seine gesamten Forderungen an die verantwortlichen Politker vor:
Die Ansprache wurde auf einer Grossveranstaltung von «Alarmstufe Rot» am vergangenen Mittwoch in Berlin gehalten. Anlass war das Treffen der Ministerpräsidenten im Kanzleramt, wo der nächste «lockdown light» beschlossen wurde. Hinter «Alarmstufe Rot» stehen die grossen Verbände der Veranstaltungsbranche. Nach Angaben des Bündnisses ist die weit verzweigte deutsche Veranstaltungswirtschaft mit einem Umsatz von 130 Milliarden Euro und mehr als einer Million direkt Beschäftigten der sechstgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands.
Und sollte jemand «Palim, palim» noch nicht kennen, eine Lautmalerei, die quasi als Synonym für Didi Hallervorden steht, für den wird das Rätsel hier gelöst.
von:
Kommentare
Didi for President!
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