Ungarn – die verratene Neutralität
Die neutrale Position wird als prorussische Außenpolitik diffamiert, sagt der ungarische Ex-Botschafter und OSZE-Beobachter György Varga.

Der Konflikt und der Krieg in der Ukraine haben dem globalen Westen einen moralischen Vorwand geliefert, um Länder, die aus historischen Gründen und verfassungsmäßig neutral sind, in das Sanktionsregime, in Waffenlieferungen an die Ukraine, in das Einfrieren russischer Guthaben, in die Finanzierung des Krieges, in die Teilnahme an der Kriegspsychose zu zwingen, die man täglich eskalieren lässt. Daraus gibt es für die Beteiligten kein Entrinnen.

Der Westen isoliert den Krieg nicht, er internationalisiert ihn. Er übt Druck auf alle aus, den Krieg mit seinen Nachteilen, Kosten und Folgen, die noch nicht sichtbar sind, anzunehmen. Die neutrale Position wird als prorussische Außenpolitik diffamiert.

Wie bei vielen anderen aktuellen Themen ist hier eine Verabsolutierung zu beobachten. Während es jahrhundertelang auf der Ebene von Individuen, Gemeinschaften oder Ländern korrekt war, sich neutral zu verhalten – eine bestehende Situation zumindest nicht zu verschlimmern –, gilt dies heute in der „werteorientierten“ Außenpolitik des Westens als eine böse Tat.

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