Was bleibt, ist die Liebe

«Aufbruch in eine gesunde Gesellschaft». Vergangenes Wochenende zeigte der Aletheia-Kongress, wie neue Werte gelebt werden können. Gegenwerte gegen die Verzweckung des Menschen.

Vermitteln neue Werte: Andreas Heisler, Valentin Wember, Axel Burkart (v.l.), Foto: Lukas Karl – Lukomotiv/Aletheia

Disclaimer: In diesem Text kann ich unmöglich auf all die wertvollen Beiträge während des zweitätigen Aletheia-Kongresses eingehen. Mein Versuch erschöpft sich darin, meinem Gefühl der Hoffnung, die ich am vergangenen Wochenende verspürt habe, spurweise Ausdruck zu verleihen.

300 Menschen folgten dem Ruf von Aletheia, der Vereinigung von kritischen Ärzten, Therapeuten und Pflegefachkräften, ins Zürcher Unterland, zu einem zweitägigen Kongress. Thema: Aufbruch in eine gesunde Gesellschaft. Klinikdirektorin Petra Wiechel zeigte uns, wie sie mit ihrer biologischen Swiss Mountain Klinik Menschen neue Hoffnung machen kann. Der Biomedizinerin Eliane Müller gelang es zu zeigen, wie Stammzellen nichtinvasiv mittels elektromagnetischer Ströme angeregt werden können. Was auch für die Krebsbehandlung von grossem Wert sein kann. Hierzu kam übrigens eine interessante Frage aus dem Publikum.

Ob auch Klänge, wie sie zum Beispiel bei der Klangschalentherapie angewendet werden, ebenfalls eine Wirkung auf die Stammzellen haben können?

Eliane Müller zeigte sich nicht abgeneigt, entsprechende, allerdings nicht einfach umsetzbare Untersuchungen andenken zu wollen. Neben diesen innovativen Gesundheitsthemen wurde viel über neue Organisationsformen des Zusammenlebens diskutiert. 

Jenseits der gängigen Diskurse von Psychologie, Philosophie und Wirtschaft ist das Eis dünn. Jedenfalls für mich. Auch wenn ich weiss, dass das Kosten-Nutzen-Denken und der homo oeconomicus nur purer Schein sind. Weil die Banken zum Beispiel Geld bei der Kreditvergabe Geld aus dem Nichts schöpfen. Aber wie sieht eine Gegenwelt aus? Ist es wirklich Sandra Webers Dimensionswechsel, mit der sie uns Kongressteilnehmer auf ein neues Bewusstsein heben will? Viele sind während Sandra Webers Vortrag ergriffen. Ja, auch ich möchte meinen Seelenplan kennen und Beziehungen leben, die nur auf Liebe und Authentizität beruhen, wie ihr «Theki»-System das verspricht.

Besteht das Glück der neuen Gesellschaftsform vielleicht aus Rudolf Steiners sozialer Dreigliedrigkeit? Wie ein Kettfaden auf einem Webstuhl diente das Modell des Ur-Anthroposophen vielen Rednern am vergangenen Wochenende als Hintergrund, durch den sie ihr Schiffchen schossen. Geistesleben, Wirtschaftsleben und Rechtsleben sollen nebeneinanderher koexistieren. so führte es auch Axel Burkart, Gründer der Akademie Zukunft, aus.

Aber was bedeutet dies konkret? Annäherungen lieferte zum Beispiel das Gespräch zu unserem Rechtssystem zwischen Andreas Thiel, Alexander Heyers, Axel Burkart und Gerald Brei. Dass unser Rechtssystem spätestens mit der Sanktionierung der Coronamassnahmen Schiffbruch erlitten hat, ist Konsens. Die meisten Menschen, so Jurist Gerald Brei würden aber immer noch der Illusion aufsitzen, dass der Staat unser Gutes will. Das könne er aber gar nicht. Denn er bleibt, zwar geboren als Folge der Französischen Revolution, ein Kind des absolutistischen Königs. In der neuen Welt müssen wir das Gefühl haben, selber der Staat zu sein. Dazu zitierte Axel Burkart Friedrich Schillers «Ästhetische Erziehung des Menschen»:

Der Ethische Staat vollzieht sich im Herzen des Einzelnen.

Mit der Erwähnung des Deutschen Idealismus, Goethe und Schiller, kann ich viel anfangen. Ich denke daran, dass zu Zeiten Goethes und Schillers Männer noch öffentlich Tränen vergossen über Gedichte. Das sind Gefühle, die es sich lohnt, wieder zu beleben.

Alexander Heyers votierte dafür, nicht den Staat zu bekämpfen, sondern etwas Besseres aufzubauen. Gerald Brei gar rief zum zivilen Ungehorsam auf und erntete Applaus. 

Einschub: Während ich schreibe, empört sich das Schweizer Radio SRF über die selbsternannten Anhänger der «Menschen statt Personen»-Bewegung, die die Betreibungsämter in unendliche Verwaltungsprozesse verwickeln. Ja, schmunzle ich, das ist ziviler Ungehorsam.

Zwar habe ich nach dem Gespräch zum Rechtssystem kein Bild, wie nun die neuen Richter zu wählen seien. Ich habe gehört, dass nicht die Parteien, aber eine Mehrheit sie bestimmen soll. Wie aber unterscheidet sich diese Mehrheit von staatlich organisierten Abstimmungen? Ich merke ich, dass sich das Neue in Entwürfen zeigt. In Gesprächsrunden, die nicht mit fixfertigen Rezepten aufwarten.

Es sind Schatzkarten, die noch nicht den genauen Weg vorgeben, aber Lust machen, die neuen Werte zu suchen. 

Dafür, mir Horizonte auf ein anderes Miteinander eröffnet zu haben, bin ich dem Aletheia-Kongress sehr dankbar.

Als Nachhall der Tagung geblieben ist mir die Wärme, um nicht zu sagen, die Liebe, die viele der Referenten verströmten. Zum Beispiel die aufrichtige Freude, mit der Aletheia-Präsident Andreas Heisler sowohl die Gäste im Saal als auch die Referenten begrüsste. Es sind dies Bausteine einer neuen Gesellschaft, wo der Mensch nicht zur Human Ressource reduziert wird, sich mit möglichst vielen, staatlich anerkannten Ausbildungen dekoriert und im Berufsleben prostituieren muss. Dazu passte auch die Intervention des Rudolf-Steiner-Pädagogen Valentin Wember. In einer Achtsamkeitsübung, in dem jeder im Saal einen selbst gewählten Gegenstand zuerst anschauen, dann bestaunen, und schliesslich mit Ehrfurcht und Dankbarkeit begegnen sollte, zeigte er uns, wie wir Kindern und selbst unseren Gegnern begegnen sollen: Mit Staunen und Ehrfurcht. Es sind solche Momente, die mich bewegen, aus gewohnten Mustern auszubrechen.

24. September 2023
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