Israel, der Westen und Gaza: ein Völkerrecht der Doppelmoral
Propaganda ersetzt den historischen Kontext, schreibt Lawrence Davidson, em. Professor für Geschichte

Es gibt einen Unterschied zwischen einem akkuraten historischen Kontext einerseits und andererseits einer Propaganda, die so oft wiederholt wird, dass sie ein surreales Eigenleben annimmt.

Wenn es um den Kampf der Palästinenser geht, können westliche Politiker den Unterschied leider nicht erkennen. Nehmen wir zum Beispiel die Erklärung, die am 9. Oktober 2023 von den Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands, Italiens, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten veröffentlicht wurde und in der es unter anderem heißt:

"Wir machen deutlich, dass die terroristischen Aktionen der Hamas keine Rechtfertigung und keine Legitimität haben und weltweit verurteilt werden müssen."

Die terroristischen Aktionen, auf die sich die Erklärung bezieht, sind leider so üblich, so "normal" im Verhalten sowohl Israels als auch in der Geschichte der fünf Nationen, die diese Erklärung abgeben, dass es sich bei ihrer Behauptung nur um ein Stück Propaganda handeln kann, dem eine eklatante Doppelmoral zugrunde liegt.

Die Feststellung, dass ein Teil der Gewalt im Zusammenhang mit dem palästinensischen Einmarsch Terrorismus war, ist zweifellos richtig. Die jetzt veröffentlichten Bilder dieser Terrorakte haben eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Fotos des von Israel initiierten Massakers in den Flüchtlingslagern von Sabra und Schatila im Südlibanon.

Auch die jüngsten palästinensischen Gewalttaten wurden von Emotionen angetrieben, die über einen längeren Zeitraum unter hohem Druck aufgestaut wurden. In diesem Zusammenhang sollten wir uns vor Augen halten, dass die Gewalt der Unterdrückten historisch gesehen dazu neigt, mit der Zeit das Niveau der Gewalt des Unterdrückers zu erreichen.


Lawrence Davidson ist emerierter Professor für Geschichte an der West Chester University.

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