Gegenstand der Attacken von Außenministerin Annalena Baerbock war besonders die Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz am vergangenen Freitag nach Beijing. Scholz hatte schon vor seinem Gespräch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bekräftigt, die Volksrepublik solle „ein wichtiger Wirtschafts- und Handelspartner für Deutschland und Europa“ bleiben: „Wir wollen kein ‘Decoupling‘, keine Entkopplung von China“, hatte der Kanzler in einem Namensbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben.
Gleichzeitig hatte er erklärt, die Bundesrepublik werde künftig „einseitige Abhängigkeiten“ von der Volksrepublik „abbauen“, etwa bei „wichtigen Rohstoffen ... oder bestimmten Zukunftstechnologien“. Dies entspricht im Kern den Interessen der deutschen Industrie, die auf China nicht mehr nur als Absatzmarkt, sondern in zunehmendem Maß auch als Forschungs- und Entwicklungsstandort angewiesen ist, gleichzeitig aber fürchtet, auf lange Sicht von ihrer chinesischen Konkurrenz abgehängt und deklassiert zu werden (german-foreign-policy.com berichtete.
Scholz räumte zugleich ein, Beijing werde „künftig eine bedeutende Rolle auf der Weltbühne spielen – so wie übrigens über weite Strecken der Weltgeschichte hinweg“.
Gegen Scholz‘ Besuch in Beijing hatte Baerbock bereits vorab Position bezogen und dabei kritisiert, dass er recht kurz nach Xis Bestätigung als Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas stattfand: „Der Bundeskanzler hat den Zeitpunkt seiner Reise entschieden“, beschwerte sich die Außenministerin während ihres Besuchs in Usbekistan.
Dass ein Regierungsmitglied den eigenen Regierungschef im Ausland offen attackiert, ist unüblich und ein bemerkenswerter Affront. Baerbock hatte zudem von Scholz in ultimativem Tonfall gefordert, es sei „entscheidend“, dass er in China die „Botschaften“ des Koalitionsvertrags übermittle; gemeint war – statt Wirtschaftskooperation – scharfe Menschenrechtskritik an China.