Lauterbach im Nirwana
Das deutsche Gesundheitsministerium will LSD-Derivate verbieten, verwechselt einen Bindestrich und macht sie und andere bisher verbotene Substanzen versehentlich ausdrücklich legal

Seit 2016 ist Deutschland auf das Gesetz für neue psychoaktive-Stoffe angewiesen, um eng verwandte chemische Analoga von illegalen Drogen zu verbieten. Das Gesetz muss ständig aktualisiert werden, da erfindungsreiche Chemiker immer wieder neue Analoga verbotener Substanzen entwickeln, die noch nicht ausdrücklich verboten sind, von denen das Gesundheitsministerium aber nicht will, dass man sie geniesst.

Um dieses unbedeutende und sinnlose Wettrüsten zu gewinnen, listet das Gesetz nicht mehr einzelne verbotene Chemikalien auf, sondern zielt auf ganze Gruppen von Stoffen mit ähnlicher Molekularstruktur ab. Weite Teile des Gesetzes sind daher sehr technisch und erfordern ein umfangreiches chemisches Wissen, um sie zu interpretieren. Die jüngste Revision, ein Produkt der Ära Lauterbach vom Oktober 2022, enthält einen entscheidenden Interpunktionsfehler, der eine Vielzahl von LSD-Analoga, die sich in einer rechtlichen Grauzone befinden, nicht nur nicht verbietet, sondern ausdrücklich legalisiert.

Der Kriminologe Dr. Sebastian Sobota von der Universität Heidelberg, die Chemikerin Dr. Annika Klose und der Materialwissenschaftler Dr. Lukas Mirko Reinold haben herausgefunden, dass das Gesetz einen schwerwiegenden Fehler enthält: Anstatt das Verbot wie beabsichtigt auszuweiten, läuft das Gesetz auf eine irrtümliche «Re-Legalisierung» und «Generalamnestie» für eine Vielzahl psychoaktiver Substanzen hinaus, die versehentlich vorgenommen wurde.

Unter den legalisierten Analoga befindet sich auch die gefährliche LSD-Variante 1V-LSD, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes in Webshops und Geschäften frei erhältlich war. Im September warnte der Bundesbeauftragte für Sucht und Drogen, Burkhard Blienert (SPD), ausdrücklich vor 1V-LSD. Es bestünden «unkalkulierbare Gesundheitsrisiken» bei der Einnahme des Derivats. Seine unerforschte Formel könnte sogar zu stärkeren Wirkungen führen als der Konsum von LSD selbst.

Das kommt davon, wenn man labyrinthische Verbote, die keiner der verantwortlichen Gesetzgeber oder Kabinettsminister wirklich versteht, mit einem Bindestrich statt einem Komma versieht. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums erklärte gegenüber der Bild-Zeitung, dass ihr «Interpunktionsfehler ... keinen Einfluss auf die Rechtslage hat».

Konstantin Grubwinkler, Fachanwalt für Strafrecht aus Freilassing, sieht das anders. Er bezeichnet die Folgen des Fehlers als «enorm»: «Die genannten Substanzen sind durch die Novelle legalisiert worden und fallen nicht unter das Gesetz über neuartige psychoaktive Substanzen. Das bedeutet, dass kein laufendes Verfahren nach diesem Gesetz zu einer Verurteilung führen kann.»

Es ist auch nicht einfach, den fehlerhaften Bindestrich zu korrigieren. Jede Änderung bedarf der Zustimmung des Bundesrates, was einige Zeit in Anspruch nehmen wird.