Luzerner Polizei verhaftet ehemalige Luzerner Kantonsparlamentarierin unter Gewaltanwendung
Von einer stillen Mahnwache am 30. Mai auf dem Bahnhofplatz Luzern wurde Heidi Joos in Handschellen von der Polizei abgeführt. Später wurde ihr ein Jutesack übergestülpt, sie musste sich nackt ausziehen und die Nacht in einer Zelle ohne sanitäre Einrichtungen verbringen. Jetzt hat die ehemalige Kantons- und Stadtparlamentarierin Beschwerde bei der Luzerner Staatsanwaltschaft eingereicht.
Heidi Joos, ehemalige Luzerner Kantons- und Stadtparlamentarierin, erhebt nach ihrer Verhaftung wegen ihrer stillen Mahnwache schwere Vorwürfe gegen die Luzerner Polizei. Die 65-jährige habe rohe Gewalt und entwürdigende Eingriffe über sich ergehen lassen müssen, schreibt sie in ihrer 11-seitigen Beschwerde an die Staatsanwaltschaft.
«Mit roher Gewalt, in Handschellen und mit einer Guantanamo-Mütze über dem Kopf, wurde ich in den Polizei-Bunker an der Kasimir-Pfyfferstrasse gesteckt, wo ich die Nacht ohne Gewährung der mir zustehenden Rechte und ohne die Möglichkeit, mir die Hände zu waschen - verbringen musste. Und dies als über 65-jährige Risikopatientin mit Vorerkrankungen». So beginnt die 11-seitige Klageschrift an die Staatsanwaltschaft Luzern, in der Heidi Joos im Detail beschreibt, was sie am vergangenen Pfingstwochenende erleben musste.
«Am Samstagnachmittag, den 30. Mai 2020, war ich wie die letzten Samstage auch, auf dem Bahnhofplatz in Luzern, um alleine und still eine friedliche Mahnwache wegen den Einschränkungen der Grundrecht abzuhalten. Nach einiger Zeit wurde ich von vier bis fünf Polizisten_Innen eingekreist und kurz darauf fand ich mich mit Gewalt in Handschellen gelegt in einem Polizeiauto wieder», schreibt die 65-jährige.
Heidi Joos ersuchte vor ihrer geplanten Mahnwache, am 25. Mai 2020, um eine Bewilligung bei der Abteilung Stadtraum und Veranstaltungen Luzern. Dies geht aus einer Kopie hervor, die dem Schreiben beiliegt. «Gemäss Rückmeldung der Behörde brauche ich dafür keine Bewilligung. Es sei immer möglich, seiner Meinung Ausdruck zu geben, selbst wenn ich eine Schweizerfahne um mich wickle, wie ich das beabsichtigte».
Am Samstagnachmittag aber kam für Heidi Joos alles anders. Als sie sich nicht sofort ausweisen wollte, sei sie kuzerhand festgenommen und in Handschellen gelegt worden. Später im Polizeiauto habe man ihr einen nach Hunde stinkenden Jutesack über den Kopf gestülpt. Sie erlitt gemäss einem beiliegenden Arztbericht der Permanance am Bahnhof Luzern ein Hämatom am linken Auge. Eine Folge von Gewaltanwendung durch eine Polizeibeamtin, so Heidi Joos.
Im «Polizei-Bunker» habe sie nicht einmal die Möglichkeit gehabt, einen Rechtsbeistand anzurufen oder sich die Hände zu waschen, eine klare Verletzung der Corona-Vorschriften. Vor Polizistinnen ohne Schutzmaske habe sie sich vollständig ausziehen müssen und sie sei sogar von einer Polizistin an der Intimzone berührt worden, schreibt Heidi Joos weiter. In ihrer Anzeigeschrift wirft sie den Polizisten_Innen sechs verletzte Artikel der Europäischen Menschrechtskonvention (EMRK) sowie sechs Artikel des Strafgesetzbuches vor.
Der Luzerner Polizeisprecher Christian Bertschi wird im Onlinemagazin «Pilatus Today» wie folgt zitiert: «Am 30. Mai 2020 löste die Luzerner Polizei eine unbewilligte Demonstration gemäss den Covid-19-Bestimmungen des Bundes auf. Dabei wurde eine Person wegen Hinderung einer Amtshandlung sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte vorübergehend festgenommen. Eine Polizistin wurde bei diesem Einsatz verletzt. Die im offenen Brief erwähnten Vorwürfe sind von strafrechtlicher Relevanz. Die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung eingeleitet. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, kann die Luzerner Polizei keine weiteren Auskünfte erteilen.»
Seit dem Vorfall haben sich weitere Personen von über 50 Jahren bei Heidi Joos gemeldet, «denen Ähnliches widerfahren ist wie mir; Rechtsverweigerung, in einem Fall sogar Verweigerung der Medikamente, ungerechtfertigter Freiheitsentzug, ungerechtfertigt Leibesvisitationen und Abnahme von DNA-Profilen.» Allen sei weiter gemeinsam, dass sie stets noch traumatisiert seien von diesen Erlebnissen, die sie zuvor nie für möglich gehalten hätten.
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