Eva:Verführt und verbannt
Die Urmutter der Tabubrecher: Eva, die erste Frau der Bibel. Geformt aus seiner Rippe macht sie Adam vom Menschen zum Mann. Als Paar leben sie im Paradies, bis die Schlange Eva dazu verführt, Früchte vom Baum der Erkenntnis zu essen – die einzigen Köstlichkeiten des Gartens, die ihnen der Schöpfer verboten hat! Auch Adam geniesst die verbotenen Früchte, und sie erkennnen ihre eigene Nacktheit. Aber wer Gottes Regeln missachtet, wird schnell bestraft: Das kulinarische Abenteuer der beiden endet mit dem Rauswurf aus dem Paradies. Zudem soll Eva unter grossen Schmerzen gebären und Adam unter Mühsal seinen Acker bebauen. Und die Schlange? Statt Früchte anzupreisen, soll sie fortan auf dem Bauch kriechen und Staub fressen.

Gyula Horn: Vor dem Vorhang
27. Juni 1989 schrieb der ungarische Aussenminister Gyula Horn zusammen mit seinem österreichischen Amtskollegen Alois Mock Geschichte: Er durchschnitt den Eisernen Vorhang und machte den Weg frei für Tausende von DDR-BürgerInnen.Sein historischer Tabubruch beschleunigte den Fall des Kommunismus. Als 24-Jähriger stand er noch auf der Gegenseite und half bei der Bekämpfung des Volksaufstandes.


Rosa Parks: Sie blieb sitzen
Sie hatte sich in jene Sitzreihe des Busses gesetzt, die für «coloured people» reserviert war, die aber vollständig geräumt werden musste, wenn sich ein Weisser dazusetzen wollte. Doch Rosa Parks blieb sitzen – ob aus Müdigkeit oder Auflehnung, ist nebensächlich. Parks wurde zwar gebüsst, doch ihr Tabubruch war das Fanal zur Emanzipation der afroamerikanischen Bevölkerung der USA.

Ludwig A. Minelli: Unwürdiges Leben – würdiges Sterben
Über 35 000 Menschenleben hat Dignitas seit der Gründung 1998 gerettet, indem sie ihren Freitod verhinderte. Die fast 2 000 Todsuchenden, denen der Verein mit der Maxime «Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben» einen würdigen und schmerzfreien Abschied aus einem als unzumutbar empfundenen Dasein ermöglicht hat, haben eine breite und emotional geführte Debatte um Leiden, Grenzen der Humanmedizin, Ethik und Sterben, würdevolles Altern, das Geschäft mit dem Tod, den Imperativ des hippokratischen Eides, die Menschlichkeit der Justiz und die Werte des Lebens ausgelöst. Der Bruch des Tabus des selbstbestimmten Todes des Zürcher Juristen und Journalisten Ludwig A. Minelli beschäftigt seither Parlamente, Gerichte und Kirchen der Welt.


Martin Luther: «Hier stehe ich»
«Ich kann und will nichts widerrufen, weil es gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen.» Mit diesen Worten besiegelte Martin Luther am 17. April 1521 vor dem Reichstag in Worms das Schicksal der Christenheit. Der sprachgewaltige Luther war  zwar nicht der erste, aber bei weitem der erfolgreichste Kritiker des Papsttums und Reformator der Kirche.  


Evelyne Widmer-Schlumpf: 5 Worte
Fünf Worte liessen 244 Mitglieder der Legislative und gefühlte 6 Millionen Schweizerinnen und Schweizer vor den TV-Geräten in Jubel oder Wutgeheul ausbrechen. «Ich nehme die Wahl an», sagte Evelyne Widmer-Schlumpf, und die Mienen der Granden der SVP waren für einmal so versteinert wie ihre Wahrnehmung der Welt. Ein Tabubruch, der das Ende von 64 Jahren Zauberformel einläutete.

Hippasos von Metapont: Die Unendlichkeitslehre beendete sein Leben
Untersucht man das Verhältnis zwischen einer Seite und einer Diagonale eines Fünfecks, kommt dabei eine irrationale Zahl heraus – eine Zahl, die nach dem Kommastrich unendlich lang weitergeht! Herausgefunden hat das um 450 v. Chr. Hippasos von Metapont, ein Anhänger der Pythagoräer. Ihr Leitspruch: «Alles ist Zahl»! Ihr Erkennungszeichen: der fünfzackige Stern. Und genau bei diesem folgerte Hippasos, dass ein exakt berechenbares Zahlenverhältnis nie gefunden werden kann. Die Hoffnung auf eine präzise Erfassung der Welt in Zahlenverhältnissen war damit gebrochen! Der Legende nach fanden seine Glaubensbrüder diese Behauptung so unsäglich, dass sie Hippasos für den Tabubruch im Meer ertränkten.




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Mehr zu diesen Thema finden Sie im Heft 136 «Berichte aus der Tabuzone»


Es gibt Dinge, über die spreche ich nicht einmal mit mir selbst. Konrad Adenauer



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